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Ladies Afternoon

Laura Gibson
Gretchen Peters/ Marianne Dissard/ Brian Lopez/ Vanessa Peters

Ottersum, Cultureel Podium Roepaen
16.11.2009

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Laura Gibson
Das "offizielle" Roepaen-Festival war noch gar nicht ganz verklungen, da schlich sich auf Umwegen diese kleine Schwester ein. Zunächst sollten im Landgut Roepaen, dem ganz normalen Prozedere entsprechend, lediglich Gretchen Peters und Laura Gibson einen akustischen Songwriter-Nachmittag bestreiten. Dann ergab es sich, dass Kollegin und Namenscousine Vanessa Peters (die freilich mit der Americana-Legende Gretchen nicht verwandt ist) in der Gegend weilte und als Zusatzact gebucht wurde. Gleiches geschah auch mit Marianne Dissard, die dann gleich auch Brian Lopez (Calexico-Associate) und seine Band als Support mitbrachte, die sich im Lande befanden, um Howe Gelb bei einigen Auftritten zu unterstützen. Laura Gibson aus Portland, Oregon, wollte nach ihren diesbezüglich nicht wirklich befriedigenden Erfahrungen dieses Mal auch nicht solo auftreten, sondern hatte sich Micah Rabwin und Sean Ogilvie von der befreundeten Band Musee Mécanique als Multiinstrumentalisten eingeladen.
Vanessa Peters hatte ihre Band Ice Cream On Mondays mitgebracht, um ihr Album "Sweetheart, Keep Your Chin Up" vorzustellen. Zusammen befinden sie sich gerade auf einer ausufernden Europatour, im Rahmen derer die Musiker zwischen England und Kontinentaleuropa hin und her pendeln, als ginge es darum, Streckengeld ausbezahlt zu bekommen: Gerade aus England eingeflogen, ging es darum, an diesem Tag gleich zwei Konzerte zu absolvieren, um am nächsten Tag wieder zurück nach England zu fliegen, dort den Tourbus abzuholen, um dann kreuz und quer zwischen Holland und Deutschland hin und herzureisen. Das Rock'n'Roll-Leben kann halt ganz schön verrückt sein, wie Vanessa zwischendrin bemerkte. Ihre Musik ist dann weit weniger verrückt, sondern orientiert sich am klassischen Americana-Songwriting das sich - leicht sentimental und poetisch durchaus bildhaft - mit kleinen und großen Dramen des menschlichen Mit- und Umeinanders beschäftigt. Manchmal geht es dabei um die Familie, manchmal auch um Sirenen, die Seeleuten nachtrauern. Das ist alles recht ordentlich und solide und Vanessa hat auch eine angenehme Stimme - mehr kann man dazu allerdings nicht sagen.

Brian Lopez sieht nicht nur aus wie ein Rockstar - mit Lederjacke und Bandana - er musiziert auch wie einer. Mit geschlossenen Augen und voller Inbrunst, nämlich. Der Mann aus Tucson kommt - wie auch seine Musiker - aus dem erweiterten Calexico-Dunstkreis und dementsprechend ist auch seine Musik angenehm unangepasst. Zwar wird es nie so extrem wie z.B. bei Howe Gelb, für die Freunde gesitteter Folk-Sounds dürfte das, was hier geboten wurde, fast schon wieder zu wild gewesen sein. Das kommt im Prinzip dem Wesen von Marianne Dissard durchaus entgegen. Die Frau, die vor vier Jahren ihre Gesangskarriere in den USA begann, klingt - obwohl sie durchweg französisch singt - amerikanischer als so mancher originäre Americana-Act. Mit ihrem versöhnlichsten Song, "Cayenne", wog sie das Publikum zunächst noch in Sicherheit, bevor es dann im Folgenden gewohnt unberechenbar wurde. Indem z.B. sowohl traditionelle Tex-Mex-Schmonzetten wie auch Rock-Nummern wie "Les Confettis" ins Programm einflossen. Marianne deklamierte die Songs dann sozusagen - mit großer Geste und jeder Menge kreativem Pathos. Dazu gehörte auch, dass sie vorher die Bühne mit Leuchtgirlanden geschmückt hatte, mit einem Megaphon Sirenentöne einsteuerte, auf der singenden Säge spielte und einen echten Skorpion in ihrer Gürtelschnalle mit sich führte.

Für alle, die sich aufgrund von so viel Extrovertiertheit erst wieder beruhigen mussten, war dann die Grande Dame der südlich geprägten Americana-Ballade, Gretchen Peters, genau das richtige. Zusammen mit ihrem Partner, dem Pianisten Barry Walsh, bot sie ein bis ins letzte Detail perfekt inszeniertes Potpourri ausgewogener Balladen, zu denen auch einige Cover-Versionen gehörten (die sie im Rahmen eines Projektes mit dem Kollegen Tom Russell eingespielt hatte). An der Musik von Gretchen Peters kann man nicht viel aussetzen. Außer, dass die Sachen für Freunde rockigerer Musik ein wenig zu glatt gewesen sein dürften. Das ist aber durch Gretchens Status als Ikone in den USA zu erklären, die sie durch eine kleine Anekdote verdeutlichte: Im Wahlkampf in den USA verwendete Sarah Palin Gretchens Song "Independence Day" als Motivsong, da dieser die Zeile "Let Freedom Ring" enthielt. Dass es in dem Song eigentlich um häusliche Gewalt ging, sei der Guten offensichtlich entgangen. Gretchen habe sich deshalb entschlossen, ihre Tantiemen an dem Song Planned Parenthood (einer Gesellschaft für Geburtenkontrolle) zu spenden und ihre Fans aufgefordert, gleiches zu tun - und zwar unter Palins Namen, wodurch die Spendenquittungen an Sarah Palin gingen, die sich darüber keineswegs entzückt gezeigt haben dürfte. Insgesamt kamen so mehrere Millionen Dollar zusammen - nur um mal die Dimensionen deutlich zu machen. Dass Gretchen in Roepaen vor lediglich ca. 50 Zuschauern spielte, schien sie dabei nicht weiter zu stören, was durchaus für sie spricht.

Laura Gibson ist ja gemeinhin nicht gerade als wandelnde Frohnatur bekannt, deswegen überraschte es schon, wie vergleichsweise locker und ungezwungen sie schließlich das abschließende Set absolvierte. Das muss zum großen Teil an den o.a. mitgebrachten Musikanten gelegen haben, die ihre im Prinzip geradlinigen und sogar bewusst spröden Songs mit einer Unzahl von Instrumenten (hautsächlich aber mit Geigenbögen gestrichenen Zymbeln und Zithern) begleiteten und obendrein glasklare, exakt getimte Harmoniegesänge - bis hin zu A-Cappella-Passagen - beisteuerten. Lediglich im Mittelteil und bei der Zugabe, die Laura alleine bestritt, schlichen sich dann die alten Unsicherheiten ein - was allerdings durch die Songauswahl (z.B. das Traditional "All The Pretty Horses" oder "The Longest Day" - wobei es hier galt, einen Hustenanfall zu überstehen) wieder ausgeglichen wurde. Das alles kam dem, was sie - unterstützt von Tucker Martine - auf ihrem ausgezeichneten aktuellen Album "Beasts Of Seasons" zelebriert, schon ziemlich nahe. Ja, es gab sogar eine Up-Tempo-Nummer. Das, was Laura Gibson allerdings vor allem auszeichnet, ist ihre ungewöhnliche Stimme - bzw. ihre Art zu singen, wobei sie die Worte den Melodiebögen entsprechend verbiegt und dehnt, wie es gerade notwendig ist. Solch einen eigenständigen Vortrag hört man nicht allzu oft.

Insgesamt war dies ein Nachmittag, der musikalisch ein ziemlich breites Spektrum abdeckte und viele Facetten der Americana-Ästhetik streifte und offenbarte. Und das mit Künstlerinnen, die nicht so oft den Weg in unsere Breiten finden. Respekt!

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Surfempfehlung:
www.myspace.com/vanessapeters
www.myspace.com/mariannedissard
www.gretchenpeters.com
www.myspace.com/lauragibson
Text: -Ullrich Maurer-
Foto: -Ullrich Maurer-

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