Das alles hatte natürlich sofort ein Ende, als sich der Meister selbst ankündigte. Alle waren sie in der Halle und allen waren bewusst, dass ein Kanye West-Konzert natürlich kein gewöhnliches Konzert, sondern eine Show, ein rappendes Musical (ob man das wohl ein Rapical nennt?), eine Inszenierung wird. Und genau so kam es, auf der Bühne war eine Art Mondlandschaft samt riesigem Laptop zu sehen, die Band wurde in einen kleinen Graben davor gedrängt, aller Platz und alle Aufmerksamkeit galt Mister West. Und das wurde ihm ein wenig Verhängnis. Es begann begeisternd, nach einem Intro startete West mit seinem letztjährigen Monster-Track "Good Morning" großartig, er tänzelte über die Bühne, rappte souverän. Auch bei den folgenden Nummern wie dem ebenfalls von "Graduation" stammenden "I Wonder" oder dem noch älteren "Heard 'em Say" machte das Spaß. Das Licht war bunt, die Bühne groß, der Sound mächtig und West begann die Geschichte eines im Nirgendwo gelandeten Astronauten zu erzählen.
Doch schon bald hatte man sich an der sprechsingenden Ich-AG satt gesehen, das Ganze wurde ein bisschen langweilig. Da konnten auch seine Dialoge mit dem Laptop oder der leider nur lächerlich wirkende und nur kurz in Erscheinung tretende Drachen nichts dran ändern. Auch die paar Pyros, die kurz auf und ganz schnell wieder ab fahrenden Drummer am vorderen Rand der Bühne oder der zur Bikini-Lady mutierte Rechner sorgten nur für kurzzeitige Abwechslung. Es war eine Überdosis Kanye. Immer wieder zugegeben richtig groß rappen, tanzen – bzw. es versuchen – und zu Boden oder in die Luft gucken. Kommunikation zwischen Star und Publikum gab es so gut wie keine, die Band war nur selten zu sehen und selbst als West gar nichts tat, außer sich auf die Bühne zu legen, während eine Sängerin zum Mikro griff, strahlte das Licht nur auf ihn. Die junge Dame trällerte im Dunkeln. Irgendwie bezeichnend.
Die Hardcore-Fans und besonders die der letzten Kanye West-Alben kamen natürlich voll auf ihre Kosten. Hier gab es ihren Star und nur ihren Star und reichlich gestandene Nummern wie "Stronger", "Good Life" oder "Spaceship". Das komplette reguläre Set enthielt keinen einzigen neuen Song von "808s & Heartbreak", erst ganz am Ende wurde es aktueller. "Heartless", "Say You Will" und schließlich "Love Lockdown" beendeten die Show. Das Rapical. Die Inzenierung, die sicher ein Erlebnis und alles andere eine Enttäuschung war und über die einer sogar sagte, es wäre das beste Konzert, auf dem er je gewesen sei. In der andere aber lediglich eine interessante Erfahrung und einen netten Freitagabend sahen. Sicher ist: Selten war es mehr Geschmacksache.