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Konzert-Bericht
 
Trash zum Liebhaben

Surfquake
DM Bob & Jem Finer

Essen, Grend
22.11.2008
Surfquake
Auf den ersten Blick standen an diesem Abend zwei Acts auf der Bühne, die unterschiedlicher kaum sein könnten: Ein Surf Guitar-Trio auf der einen Seite, und auf der anderen eine Band, die ihre ureigene, trashige Version von Country fabriziert. Dennoch gibt es auch einige Gemeinsamkeiten, zum Beispiel die, dass bei beiden Acts Musiker aktiv sind, die auf lange Karrieren mit anderen Bands zurückblicken können: Surfquake-Gitarrist Nelson ist seit rund zwanzig Jahren Bassist von New Model Army, Jem Finer ist Gründungsmitglied von The Pogues.
Außerdem sind beide Bands in Genres unterwegs, die in vergleichsweise klar abgesteckten Grenzen funktionieren. Surfquake - der Name legt es bereits nahe - haben sich der Surf Music verschrieben, während DM Bob & Jem Finer eine nicht ganz leicht in Worte zu fassende Melange aus Country, Folk und Trash präsentieren. Letzteres klingt spannend, entpuppte sich auf der Bühne - ob des eigentlich willkommenen Verzichts auf jegliches Brimborium - aber nicht nur soundtechnisch als etwas spröde. Auch der Witz von Songs wie etwa der Hank Williams-Parodie / Hommage "Your Heat'n Chart" ging im Grend bisweilen leider etwas verloren.

Ganz anders dagegen die Instrumental-Band Surfquake, die zwar kaum einen Preis für besondere Originalität gewinnen wird, sich aber mit ihrem sympathischen Auftreten (und damit sind nicht nur die silberfarbenen Hemden gemeint, die den drei Musikern als Bühnenoutfits dienten), ihrem Können an den Instrumenten und einer gut getimten Mischung aus Eigenkompositionen und Coverversionen ihren Weg durch die verschiedenen Nuancen des Surf- und Twang-Genres bahnte. Dabei hatten die Briten allerdings keine einfache 1:1-Kopie ihrer Vorbilder Dick Dale, The Ventures, The Chandelles oder The Trashmen im Sinn, sondern erlaubten sich durchaus einige Freiheiten, indem sie zum Beispiel kurzerhand mitten in einem ihrer Songs Led Zeppelins "Whole Lotta Love" zweckentfremdeten. Auch sehr nett: Anstatt das fast unausweichliche Dick-Dale-Cover "Misirlou" einfach kommentarlos zu bringen, stellten sie der "Pulp Fiction"-Titelmelodie stilecht auch den mit verteilten Rollen gesprochenen Filmdialog voran und kündigten eine weitere Coverversion schelmisch mit "Die nächste Nummer kennt ihr vielleicht" an: Es war das - von Surfquake äußerst überzeugend interpretierte - "James Bond Theme"! Will meinen: Es war ein äußerst kurzweiliger Auftritt!

NACHGEHAKT BEI: SURFQUAKE

Das Trio aus dem englischen Colchester kann zwar noch nicht einmal eine offizielle Veröffentlichung vorweisen, dennoch sprach Gaesteliste.de nach dem Konzert mit Gitarrist und Bandgründer Nelson, denn wie kann man eine Band nicht mögen, die ihren Songs Titel wie "Surf And Destroy" gibt?

GL.de: Vor dem Auftritt hast du gesagt, dass du eine Surf Guitar-Band gegründet hättest, weil du etwas machen wolltest, das musikalisch ganz anders geartet ist als New Model Army und du als Blues-Gitarrist einfach zu schlecht seist...

Nelson: Ich dachte immer, ich sei ein passabler Blues-Spieler, bis ich Marshall [Gill, den aktuellen Gitarristen von New Model Army] kennenlernte. Er ist so unglaublich gut auf dem Gebiet, dass ich mir dachte: "Blues fällt ab sofort aus." Was mich dazu inspirierte, eine Surf Guitar-Band auf die Beine zu stellen, waren die Tourneen mit New Model Army in den USA, denn dort durchstöberte ich immer die Plattenläden und kaufte einen großen Stapel Surf-CDs. Ich habe immer eine Gitarre in Reichweite, also fand ich mich auf dem Sofa wieder, wie ich zur Musik dieser CDs mitspielte. Das machte unheimlich viel Spaß. Das ging zwei Jahre so, bis ich zwei meiner Freunde - einer Bassist, einer Schlagzeuger - in einem Pub traf und sie einfach fragte: "Wollen wir eine Surf Guitar-Band gründen?" Sie entgegneten: "Was zur Hölle ist das?" Also machte ich ihnen MP3-CDs mit ungefähr 100 Songs, und sie fanden sofort Gefallen daran! Dann haben wir sechs Monate an einem Programm gearbeitet und hatten unseren ersten Auftritt im Januar 2008.

GL.de: Euer derzeitiges Set besteht etwa zur Hälfte aus eigenen Stücken und zur Hälfte aus mehr oder weniger obskuren Coverversionen. Wie geht ihr an das Schreiben der eigenen Songs heran?

Nelson: Gute Frage! Weil ich so viele der alten Surfsongs gelernt habe, spiele ich mittlerweile ganz automatisch in diesem Stil. Meine eigenen Songs kommen deshalb ohne großes Nachdenken zustande. Es gibt ja eine Menge verschiedener Richtungen, die Space-Songs, die Hotrod-Motorradrennen-Nummern und die Soundtracks der Agenten- und Detektivstreifen der 60er wie etwa "The Saint", "Dangerman" und natürlich "James Bond" - also schrieb ich Songs, die diese verschiedenen Richtungen widerspiegeln.

GL.de: Surfmusik funktioniert in vergleichsweise strikt abgesteckten Grenzen. Wie geht ihr damit um?

Nelson: Natürlich ist es unausweichlich, ein bisschen aus diesen Grenzen auszubrechen, um das Ganze ins Hier und Jetzt zu übertragen, zum Beispiel entspricht unser Sound nicht unbedingt originalgetreu dem der 60er-Jahre-Surfmusik. Allerdings mag ich es in der Tat, in den Grenzen eines bestimmten Genres zu arbeiten. Wenn du in einer Bluesband spielst, versuchst du ja auch, etwas auszubrechen, aber letzten Endes klingt es immer noch nach Blues. Insofern gibt es eine Menge Parallelen zwischen Blues- und Surfmusik, denn die meisten Songs basieren auf den gleichen drei Akkorden, die ursprünglich in der Blueswelt Verwendung fanden.

GL.de: In England tretet ihr häufig bei freiem oder sehr geringem Eintritt in Bars und Kneipen auf. Macht das mehr Spaß, vor einem Publikum zu stehen, das euch nicht kennt, oder liegen euch Auftritte wie heute im Grend mehr, wo das Publikum explizit euretwegen gekommen ist?

Nelson: Mir gefällt die Idee, dass uns Leute sehen, die für gewöhnlich nie auf die Idee gekommen wären, zu einem unserer Auftritte zu kommen. Eine der wahrhaftigsten Arten, Musik zu spielen, ist auf der Straße. Die Menschen laufen an dir vorüber, und wenn sie mögen, was sie hören, bleiben sie stehen und geben dir womöglich Geld, wenn nicht, gehen sie einfach weiter. Im Pub ist das ähnlich. Wenn die Leute die Band mögen, bleiben sie und sorgen für Umsatz an der Theke. Vielleicht schreiben sie ihren Freunden sogar eine SMS und laden sie auch noch spontan ein, und dann füllt sich der Laden langsam. Das gibt dir das Gefühl, wirklich etwas erreicht zu haben. Dennoch: Auch wenn wir in Bars spielen, finde ich es wichtig, die Leute ein wenig darauf vorzubereiten, worauf sie sich einlassen, deshalb sind unsere Poster oft Collagen von Bildern aus den 60er-Jahre-TV-Serien, die ich eben erwähnte.

GL.de: Noch etwas anderes: Neben deiner gut dokumentierten Arbeit als Bassist bei New Model Army warst du in den späten 80ern auch mit den legendären Pop-Exzentrikern Cleaners From Venus unterwegs...

Nelson: Das geht auf das Busking-Ding zurück, das ich eben angesprochen habe. Martin und ich haben früher gemeinsam auf der Straße gespielt. Als er dann mit den Cleaners From Venus - er und Giles Smith waren dort die Hauptakteure - einen Plattenvertrag unterzeichnete, fragte er mich, ob ich Bass auf ihrem Album spielen wolle. Natürlich wollte ich! Allerdings schrieb Martin alle Songs, und ich war als Bassist fast so etwas wie ein Sessionmusiker, obwohl ich auch bei den Konzerten dabei war. Nachdem sich die Cleaners aufgelöst hatte, gründete ich zusammen mit Martin eine neue Band, The Brotherhood Of Lizards. Ich bin immer noch mit Martin in Kontakt, denn er lebt in der Nähe von Colchester. Ich habe drei seiner letzten vier Alben in meinem eigenen kleinen Studio produziert und auch ein wenig darauf gespielt. Es macht immer noch sehr viel Freude, mit ihm zusammenzuarbeiten!

Surfempfehlung:
www.myspace.com/surfquake
www.myspace.com/dmbob
Text: -Simon Mahler-
Foto: -Pressefreigabe-


 
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