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Kleines Geheimnis

Retribution Gospel Choir

Düsseldorf, Zakk
24.04.2008

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RGC
Psst, wir verraten euch jetzt ein Geheimnis: Der Retribution Gospel Choir ist nicht nur von der Besetzung her praktisch identisch mit den Slowcore-Helden Low, die Band aus Duluth, Minnesota, spielt auch teilweise die gleichen Songs! Seid ehrlich, das habt ihr nicht gewusst, oder wie sonst ist es zu erklären, dass Low inzwischen auch in Deutschland gerne mal vor 500 oder mehr Zuschauern auftreten, das Debüt des RGC auf deutschem Boden aber nur rund 25 Menschen miterlebten - Thekenpersonal, Techniker und Vertreter der Plattenfirma bereits mitgerechnet?
Im kleinen Saal des Zakk setzte Alan Sparhawk das konsequent in die Tat um, was die letzten Platten von Low bereits angedeutet hatten: Sich ausschließlich auf wunderbare Leisetretermusik zu beschränken, wurde dem Frontmann langsam zu langweilig. Zwar sind die Songs des RGC von ihrer Struktur her unverkennbar Sparhawk-Kompositionen, soundtechnisch allerdings fangen sie erst dort an, wo die krachigsten Momente der letzten Low-Alben endeten. Rau, grungy, oft mit der Dynamik von laut und leise spielend, entfernt sich der RGC so weit wie nur irgend möglich vom Low'schen Klangkosmos und deutet mehr als einmal in Richtung der klassischen Crazy Horse. Ein Entwicklung, die Sparhawks Ehefrau und Low-Mitstreiterin Mimi Parker nicht mittragen wollte. Deshalb steht Sparhawk beim RGC zwar der gleiche Bassist wie bei Low zur Seite (Neuzugang Steve Garrington), Parkers Standschlagzeug allerdings wurde gegen das eher John Bonham-inspirierte Drumming von Eric Pollard eingetauscht.

Als gälte es, die Parallelen zwischen den beiden Bands noch deutlicher zu unterstreichen, begannen die drei ihr Konzert dann anders als die übrigen Auftritte ihrer kurzen Europatournee mit einem Stück, das den meisten als Highlight des letzten Low-Albums "Drums And Guns" bekannt ist, dem wunderbar eingängigen "Bury The Hatchet"! Im Anschluss daran machte sich die Band die Tatsache zunutze, dass kaum jemand im Saal das unlängst erschienene, selbstbetitelte Debüt des RGC schon sein Eigen nannte (die rege Nachfrage nach Tonträgern im Anschluss an die Show belegte dies) - die Band spielte ihr Album nämlich komplett und in der Originalreihenfolge der Platte. Das war nicht zuletzt deshalb interessant, weil zwei weitere Rückgriffe auf den Low'schen Songkanon, "Take Your Time" und "Breaker", auf dem Album an zweiter bzw. dritter Stelle stehen und so drei der ersten vier Nummern der Show einen Bogen zwischen beiden Sparhawk-Bands spannten. Besonders "Breaker" erwies sich dabei als echtes Highlight, schließlich wurde die Nummer vom RGC komplett umgekrempelt - ein erstklassiges Beispiel dafür, wie man aus einem geradezu federleichten Popsong eine schwere, krachige Rocknummer machen kann. Wunderbar auch zu sehen, mit welcher Inbrunst sich die Musiker auf die Songs stürzten. Ansonsten ja nicht für auffälliges Bühnengehabe bekannt, erinnerte Sparhawk an diesem Abend wegen seiner inzwischen ungewohnt langen blonden Locken ein wenig an Robert Plant, während er seine Gitarre in Jimmy Page-Manier malträtierte (und einmal sogar mit den Zähnen spielte). Auch Garrington (der ein wenig aussah wie der junge Alan Bangs) spielte mit dem ganzen Körper, und Drummer Pollard (auch für ihn gab es aussehenstechnisch eine Celebrity-Entsprechung: Kevin Smith!) ging eh völlig in den Songs auf. Ruhige Momente gab es selten. Einzig bei "Destroyer" verschnaufte die Band kurz, um den Song dann allerdings nach sanftem Beginn mit einem Neil Young-würdigen Soundorkan enden zu lassen.

Weil das bisweilen harte Kost war, tat die Band gut daran, danach mit "What She Turned Into", "For Her Blood" und "Kids" drei der eingängigsten Songs folgen zu lassen. Leider wurde der Fluss des Konzertes zu diesem Zeitpunkt dadurch etwas geschmälert, dass Sparhawk eine Saite riss und er ziemlich lange in den hinteren Gemächern verschwand, um sein Instrument zu reparieren. So war es die Aufgabe von Drummer Pollard, die Pause zu überbrücken, etwas linkisch, aber nicht ohne Charme die Band vorzustellen, ein wenig Werbung für den Devotionalienverkauf nach der Show zu machen und verlegen den Wunsch nach einem Schlagzeugsolo abzulehnen. Sparhawk dürfte das recht gelegen gekommen sein, denn so konnte er, wie von Low gewohnt, auch für den Rest der Show weitestgehend stumm bleiben.

Nachdem der offizielle Teil des Auftritts nach "Easy Prey" mit dem unveröffentlichten Highlight "Poor Mans Daughter" zu Ende gegangen war, beschloss die Band ihr Gastspiel im Zakk mit einem weiteren Schlenker zu Low. Während bei anderen Shows David Bowie gecovert hatten, gab es in Düsseldorf nach langer Diskussion "Fearless" von Pink Floyd als Rausschmeißer, das auch schon Low aufgenommen haben.

Damit blieb Sparhawk zwar ein wenig den Beweis schuldig, dass der RGC auch als eigenständige Einheit bestehen kann (schließlich war genau ein Viertel der Show an seine andere Band angelehnt), die Anwesenden aber dürfte es gefreut haben: In einem solch intimen Rahmen hatte man Low-Songs hierzulande zuletzt auf der "Secret Name"-Tournee vor fast zehn Jahren bewundern können. Ein Konzert, das ohne Frage ein größeres Publikum verdient gehabt hätte!

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Surfempfehlung:
www.retributiongospelchoir.com
Text: -Simon Mahler-
Foto: -Simon Mahler-

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