Diese Reduzierung hatte zur Folge, dass alle dargebotenen Stücke sehr stark an die "Naked Versions", wie man sie auf den limitierten Versionen der beiden Alben der Sängerin als Beigabe zu hören bekommt, erinnerten. Das Schlimmste, das passieren kann, wenn man alleine auf der Bühne steht und dort oftmals ruhige und zerbrechliche Lieder spielt, ist wohl ein unruhiges Publikum. So erzählte Anna Ternheim schon sehr früh (vielleicht als Warnung für die Konzertbesucher), dass es am Abend vorher in Heidelberg sehr ruhig gewesen sei – mit Ausnahme einer betrunkenen Frau, die von hinten Tiergeräusche in unerträglicher Lautstärke imitierte. Von einem anderen Konzert dieser Tour berichtete sie, dass ein Mann ständig die Worte "positiv, positiv" gerufen habe – was im Anbetracht des Mangels an Liedern mit positiver Grundstimmung in Anna Ternheims Repertoire sicherlich sehr störend war. Der heutige Abend in Köln muss dagegen ein guter Abend für die schwedische Sängerin gewesen sein. Denn es war während des ganzen Konzerts so ruhig, dass man auch in der letzten Reihe eine Stecknadel hätte fallen hören können. Von Anfang waren wohl alle Anwesenden augenblicklich in den Bann gezogen von Anna Ternheims glasklarer Stimme, die mit Hilfe der ausgezeichneten Akustik des Stadtgartens besonders gut zur Wirkung kam.
Viele Besucher des Konzerts waren deutlich älter als die 29jährige Sängerin und obwohl Anna Ternheim offensichtlich viele männliche Verehrer hat, tat sie mit dem Bühnenoutfit während dieser Tour alles andere als mit ihrer Weiblichkeit zu kokettieren – gekleidet in Männerhose mit Hosenträgern über einer eher unförmigen weißen Bluse, Springerstiefeln und mit nachlässig aus dem Gesicht gebundenen Haaren lag ihr wohl viel daran, dass man sich auf ihre Musik konzentriert. Das wiederum dürfte in Anbetracht der präsentierten Stücke niemandem schwer gefallen sein. Auffällig war, dass Anna Ternheim oft zwei Lieder ohne Pause ineinander übergehen ließ, und sie so in einem oft neuen Rahmen erscheinen ließ. So endete das Eröffnungsstück "Better Be" beispielsweise in einer Coverversion von "China Girl". Nach ihrem "Wedding Song", den sie vorher als ihr einziges glückliches Lied bezeichnete, folgte dagegen umgehend "No Subtle Men", das mit Textzeilen wie "no subtle men begging for my hand" das vorher gesungene sofort widerrief. Überhaupt drehen sich viele von Anna Ternheims Songs um krankhafte Liebesgeschichten (weswegen ihre neue EP mit dem Namen "Lovers Dream & More Music for Psychotic Lovers" überaus treffend betitelt ist). Welche tiefen Abgründe sich hinter ihrem hübschen Gesicht verbergen, kann man nur erahnen, genauso wie welche Wirkung die Schilderung einer Welt, in der Liebe vor allem Selbstzerstörung bedeutet, auf die vielen anwesenden, seit Jahren glücklich verheirateten Ehepaare gehabt haben muss.
Obwohl Anna Ternheim alleine auf der Bühne stand, konnte man sich über mangelnde musikalische Abwechslung nicht beklagen. Bei vielen Liedern begleitete sie sich auf der Gitarre, bei anderen wiederum, wie bei "Tribute To Linn" oder "Girl Laying Down" saß sie am Flügel und wirkte dabei oftmals hochkonzentriert. Bei letzterem bat sie die Zuschauer, sich die fehlenden Streicher vorzustellen, die dann aber doch anfangs vom Band eingespielt wurden. "Nights In Goodville" spielte Anna Ternheim auf ihrer ersten Schulgitarre, die sie scheinbar trotz mäßigem Klang immer noch gerne mit auf Tour nimmt. Höhepunkt des Abends war allerdings "To Be Gone", ihr Hit vom Debütalbum "Somebody Outside", den sie fast komplett ohne instrumentale Unterstützung darbot – lediglich einige dezente Töne kamen als Begleitung vom Band.