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Konzert-Bericht
 
Handtücher und Bier

Green On Red

Bonn, Harmonie
08.09.2006

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Green On Red
Es ist gut möglich, dass dies tatsächlich das allerletzte Green On Red-Konzert aller Zeiten (und nicht nur dieses Abends, wie Scherzkeks Chris Cacavas meinte) gewesen ist. Diesbezügliche Andeutungen gab es während der Show jedenfalls genug. Immerhin ist es ja schon erstaunlich genug, dass es überhaupt zu Stande kam. Wir erinnern uns: Vor ziemlich genau einem Jahr kam es - eher beiläufig - zu einer Re-Union der legendären "Psycho-Folk Hoffnung" (Musikexpress 1995) GOR. Blue Rose Records - momentan Heimstatt immerhin von den GOR-Urmitgliedern Chuck Prophet und Chris Cacavas - ließ es sich nicht nehmen, das Ereignis auf Tonträger und (mit Hilfe von Labelmate Chris Burroughs) auch auf DVD festzuhalten. Das resultierende Album "Valley Fever" sorgte für Furore unter den Fans und natürlich für Interesse an weiteren GOR-Konzerten. Man beugte sich schrittweise und entschloss sich dann gar zu einer Art Europa-Tournee. Den Gerüchten nach verlangten die Herren dabei aber so viel, dass sie praktisch nicht zu buchen waren (wovon auch die Eintrittspreise in der Bonner Harmonie kündeten), doch immerhin zwei Termine kamen auch in Deutschland zu Stande: Einer in Hamburg und derjenige in Bonn.
Um es kurz zu machen: Der Auftritt in Bonn war wohl der Beste von allen - auch im Vergleich zu "Valley Fever", das im Gegensatz zur Bonner Show geradezu lustlos wirkt. Nicht nur, dass sich die Jungs mittlerweile regelrecht warm gespielt hatten, sie hatten offensichtlich auch wirklich Lust, dieses Konzert zu spielen. Die DVD macht hingegen den Eindruck, dass man sich damals eines Pflichtprogrammes entledigte. Alle waren in Bonn bestens aufgelegt und das einzige, was vielleicht ein bisschen irritierte, war der Umstand, wie sehr Dan Stuart den Boss raushängen ließ, und in seinen - nicht immer sehr zündenden - Ansprachen dauernd nur von sich sprach und die Kollegen, die ja immerhin auch keine schlechten Songwriter sind, bis auf die Vorstellung quasi ignorierte. GOR wurden in den 80ern ja bekannt als Speerspitze einer Bewegung von Gitarrenbands, die - nach dem Urknall des Punk und den Irrungen der New Wave - wieder den soliden Song als Grundlage entdeckt hatten und deren Mitglieder sich auch nicht scheuten, ihre Instrumente zu beherrschen. Besonders als Live-Band erspielten sich GOR viele Freunde. All dies wurde in Bonn noch mal eindrucksvoll unter Beweis gestellt. Anstatt etwa neu zu beginnen, wie das Re-Union-Bands auch schon mal tun, beschränkte man sich ganz auf den Fundus ordentlicher, solider Nummern, die GOR im Laufe ungefähr einer Dekade angesammelt hatten.

Das interessante an diesem Konzert war der Umstand, dass die Herren, obwohl sie ja damals eher als Rockband reüssierten, hier bei den langsameren Stücken ihre Qualitäten ausspielten. Sicher, Stücke wie "16 Ways" oder "Gravity Talks" funktionieren immer, wenn sie halbwegs beherzt angegangen werden - aber einfach deswegen, weil es tolle Songs sind. Zu den Höhepunkten der Show gehörten aber eher Tracks in der Art von "Jimmy Boy" oder "No Free Lunch". Nachdem das jeweils Wesentliche der Nummer präsentiert worden war, steigerten sich - angestoßen übrigens von dem besonders spielfreudig aufgelegten Chris Cacavas - Stuart und Prophet in einen wahren Spielrausch, wobei sich die drei Solisten dann immer wieder gegenseitig animierten, weiter zu machen. Das artete stellenweise gar in Blues aus. Andere, druckvollere Stücke, bei denen für gewöhnlich die Gitarren im Zentrum stehen, wie z.B. "Sea Of Cortez" oder "Drifter", fielen dagegen fast ein wenig ab. Das Publikum hörte aufmerksam zu und äußerte sich immer nur gegen Ende der Tracks - wie das die deutsche Art ist. Stuart interpretierte dies falsch: "Ihr wirkt alle so depressiv", meinte er, "es ist doch hier nicht wie in Norwegen, wo das Bier 16 Dollar kostet? Oder hat George Bush wieder Angela Merkel den Rücken massiert?" Mit dem Bier hatte er es überhaupt: Ständig verlangte er nach neuem und beauftragte schließlich den WDR-Fotografen, eine Runde zu besorgen. Gleiches hatte inzwischen auch der ebenfalls anwesende Labelchef Edgar Heckman gemacht, so dass sich am Ende der Show volle und halbvolle Bierkrüge auf der Bühne stapelten - zumal Chuck Prophet gar keines wollte und Drummer Darren Hess noch versorgt war. "Früher haben wir immer gedacht, 'towel' hieße hier Bier", meinte Chris Cacavas auf deutsch hierzu, "wir sind ganz schön doof, oder?"

Gegen Ende der Show gab es noch eine Passage, in der Dan Stuart (angeblich unfreiwillig) Lead-Gitarre spielte, was dann noch zu einigen altmodischen aber schönen Gitarrenduellen führte. Als dann die Show, nach gut zwei Stunden und einem saftigen Zugabenblock, zu Ende ging und sich die Herren gemeinsam vor dem Publikum verbeugten, waren sich alle Anwesenden einig, hier endlich jenem legendären Ereignis beigewohnt zu haben, das seit dem ersten Gerücht einer GOR-Re-Union als Versprechung in der Luft gehangen hatte. Wollen wir also hoffen, dass die Sache mit der "allerletzten Show des heutigen Abends" doch eher ein Witz gewesen war. So ganz sicher schienen sich die Akteure ja selber noch nicht zu sein. (Und um Gerüchte dieser Art mal allgemein am Leben zu erhalten: Steve Wynn hält momentan (Stand August 2006) eine Dream Syndicate-Reunion in der GOR-Art für eher unwahrscheinlich.)

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Surfempfehlung:
de.wikipedia.org/wiki/Green_on_Red
Text: -Ullrich Maurer-
Foto: -Ullrich Maurer-

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Mehr über Green On Red:
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