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Konzert-Bericht
 
Ein Geschenk

The Wedding Present

Köln, Gebäude 9
06.05.2006

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Wedding Present
Ein bisschen ertappte man sich vor dem Konzert schon dabei, sich den Super-GAU auszumalen: Immerhin stand hier eine Band auf der Bühne, deren verschrobener Frontman allein in den letzten 15 Monaten drei Trommler und zwei Gitarristen verschlissen hat, schließlich war es ein wunderbar sommerlicher Samstagabend, und außerdem war mit "Haldern geht Zelten", den Buzzcocks und den Arctic Monkeys auch das Konkurrenzprogramm in der Domstadt groß. Ein halbgares Konzert vor leeren Rängen erschien also durchaus denkbar.
Und dann: Laden bestens gefüllt, die Band ungewohnt gut aufgelegt, die Setlist - mal abgesehen davon, dass "Interstate 5" fehlte - geradezu perfekt und das Konzert trotz vieler alter Songs nur halb so nostalgisch, wie man hätte erwarten können. Auch wenn einige auf den einschlägigen Messageboards schon kurz nach der Show versuchten, sich und anderen den Abend madig zu machen: Ein erstklassiger Auftritt war die Wedding Present-Show in jedem Fall. Natürlich ist die exzentrische Art David Gedges, der teils übertrieben pingelig, unglaublich unflexibel und einfach nicht besonders umgänglich ist, nicht jedermanns Sache, trotzdem war es doch irgendwie entwaffnend, als der nach Amerika ausgewanderte Brite offensichtlich ungewohnt gut gelaunt auf die Bühne kam und auf Deutsch sagte: "Guten Abend, wir sind das Hochzeitsgeschenk!"

Als Geschenk durfte man dann wohl auch die Setlist empfinden. Als er letztes Jahr nach der Veröffentlichung des ganz ausgezeichneten Comebackalbums "Take Fountain" auf Tour ging, trieb er seine teils mitgereisten Fans ebenso wie seine Band mit dem allabendlich bis ins letzte Detail identischen Programm fast in den Wahnsinn. Der Auftritt in Köln dagegen hatte selbst mit denen der USA-Tournee vor sechs Wochen nur eines gemein: Das Set war bunt gemischt. Klassiker wie die erste Single "Go Out And Get 'Em Boy" oder "Come Play With Me" gab es in Köln zwar nicht, aber trotzdem konnte sich wohl niemand darüber beschweren, dass es gleich rasant mit "Sticky", "Brassneck" und "Corduroy" losging und auch sonst größtenteils mit Single-Krachern - Kult- und Chart-Hits gleichermaßen - weiterging. Abstecher ins Obskure gab es nur vereinzelt, mit "Wow" vom WP-Sideprojekt Cinerama zum Beispiel und dem zu Unrecht etwas in Vergessenheit geratenen kleinen Meisterwerk "Mercury" vom "Mini"-Album.

Ansonsten: Genau die Songs, die die vornehmlich älteren Semester vor der Bühne von einer Verzückung in die nächste fallen ließen: "Flying Saucer", "Everyone Thinks He Looks Daft", sogar das Frühwerk "Always Keep In Touch With Your Friends" ("Die Nummer ist älter als unser Drummer", scherzte Gedge, und vermutlich stimmt das sogar), "Ringway To Seatac" (als eines von nur drei Stücken des letzten Albums) und natürlich das unkaputtbare Epos "Kennedy". Irgendwann wurde es dann im Publikum richtig laut, und es wurden eifrig Wünsche in Richtung Bühne geschleudert. "California" wollte jemand hören und "Interstate 5", doch Gedge ließ sich erwartungsgemäß nicht erweichen: "Das sind einer wie der andere tolle Songs, aber wir werden sie trotzdem nicht spielen". Immerhin grinste er dabei breit und ließ sich auch sonst des Öfteren zu bisweilen haarsträubenden Ansagen hinreißen und interpretierte alle Songs mit viel Körpersprache und Mimik nicht nur musikalisch auf leidenschaftliche Art neu.

Die Enttäuschung währte allerdings nur kurz, denn neben "Why Are You Being Reasonable Now" gab es sogar den Monstersong "Dalliance" zu hören. Wie könnte das schlecht sein? Zum Schluss noch schnell ein Hinweis von Gedge an etwaige Erstbesucher eines Konzertes der Highspeed-Schrammelrock-Ikonen: "Wir spielen keine Zugaben!" Irgendwie war er also trotz seiner offensichtlich guten Laune doch wieder ein bisschen der alte Muffelkopf, als er sein Publikum mit "Octopussy" nach 20 Songs und knapp 90 Minuten in die laue Frühlingsnacht entließ. Aber zumindest einer, der in Köln das wohl bestmögliche Konzert abgelieferte, das man von einer Band erwarten konnte, deren wirklich bahnbrechenden Ideen schon 20 Jahre alt sind.

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Text: -Carsten Wohlfeld-
Foto: -Carsten Wohlfeld-


 
 

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