Nach dem Konzert waren sich alle einig: Es war ein ganz toller Auftritt von Tobacco im Grend, vielleicht sogar einer der besten ihrer zweiwöchigen, von Gaesteliste.de präsentierten Tour, die Ende Mai auf dem Immergut-Festival zu Ende geht. Dabei hatte es anfangs gar nicht so gut ausgesehen. Dass dem Duo in Quartettbesetzung aus Wiesbaden mit seinem neuen Werk "Tobacco Saves Lives" ein ziemlich großer Wurf gelungen ist, hatte sich nämlich noch nicht richtig herumgesprochen. Das gilt für die ganze Tour im Allgemeinen und das Zuschaueraufkommen in Essen im Speziellen.
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Von solchen Kleinigkeiten ließen sich Zac Johnson und Daniel Riedl aber nicht aufhalten und begannen den Auftritt dann auch zu zweit mit einer angemessen intimen und titelmäßig sehr treffenden Nummer: "For All Occasions". Dass es bei Tobacco (inzwischen) aber um mehr geht als um Lo-Fi-Romantik, zeigte sich, als Drummer Rainer Dinges und Markus Göres (Bassist und Rewika-Plattenfirmenchef in Personalunion) dazustießen, und gleich bei "Perpetual Motion" wurde deutlich, dass Indierock auch tanzbar sein kann und eine Discokugel auch bei einem Konzert, bei dem frühere Mitglieder von Readymade und Rekord auf der Bühne stehen, nicht fehl am Platze sein muss. Zwischen den Songs gab's reichlich nette Geschichten, nicht zuletzt wohl deshalb, weil die Band das an diesem langen Wochenende in Essen-Steele stattfindende Weinfest auf der Bühne fortsetzte (und uns trotzdem die beiden Weinsongs "R.I.O.J.A." und "n.a.o.u.s.s.a." vorenthielt), wobei wir unterstreichen wollen, dass wir es hier nicht mit einem Haufen besoffener Wikinger auf der Bühne zu tun hatten, sondern mit beschwingten jungen Männern, die von den fluoreszierenden Plastiksternen über den Betten ihrer Ex-Freundinnen sangen ("Star-Spangled Ceiling"), an ihren eigenen Lieblingsliedern genauso viel Spaß hatten wie das Publikum ("Context" kürte Daniel zu seinem derzeitigen Favoriten) und bei "We're Prepared" und "Mick & Dan's Liberal Riff Rock Band" dann auch im kleinen Rahmen bewiesen, dass sie ihre rockige Vergangenheit nicht ganz ausgeblendet haben. Und dass sie wissen, wie man Spaß hat, stand spätestens nach Daniels Einlage mit dem Keksdosen-Synthesizer bei - natürlich! - "Fortune-Cookie-Box Synthesizer Man" fest. Dabei gelang Tobacco die Symbiose aus handgemachter Musik, schönem, zweistimmigem Gesang und Hilfestellungen aus der Konserve ganz hervorragend. Natürlich hätten wir die Raps von Ladyboy Derick beim "extended dance mix" des Titelstücks der neuen Platte gerne live gehört, aber mit der Stimme aus dem PC ging's auch. Der Höhepunkt des Konzerts war dann das letzte Lied. Kein Kalauer, sondern "It's Not Over".
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