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Raum-Zeit-Verwirrung

Nada Surf

Köln, Prime Club
21.11.2002

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Nada Surf
Nada Surf gastierten 1998 zum letzten Mal im Prime Club zu Köln, und damals war es schon ein sehr gut besuchtes Konzert mit vielen, vielen Highlights. Jetzt, 2002, ein paar Schwierigkeiten (in Sachen ehemaliger Plattenfirma) und eine grandiose neue Platte ("Let Go") weiter, wurde der Club flugs ausverkauft und alle wollten sehnsüchtigst die New Yorker Rockpop-Truppe wiedersehen. Doch zuvor musste man sich mit einem - wohlwollend ausgedrückt - gewöhnungsbedürftigen Vorprogramm begnüngen.
Eigentlich als Support gebucht war Gemma Hayes, aber die Dame hatte es mal wieder nicht geschafft, sich von ihrer heimatlichen Insel zu lösen und stattdessen durfte Anjaka aus Berlin den Abend eröffnen, was sich leider als eher deplatzierte Alternative herausstellte - ihre Songs erwiesen sich einfach als zu schrill und zu nervig. Aber dies war schnell vergessen, als Matthew Caws, Daniel Lorca und Ira Elliott aka Nada Surf auf der Bühne standen und mit dem wundervollen "Blizzard of '77" ihr Konzert eröffneten.

Von Anfang herrschte beste Stimmung im Prime Club, alle Songs wurden begeistert aufgenommen und lauthals mitgesungen - was Bassist Daniel auch immer wieder zu verwunderten Ansagen animierte, wie voll der Laden eigentlich sei. Und er war voll, der Laden. Anfangs hatte man allerdings das Gefühl, dass Sänger/Gitarrist Matthew nicht so ganz bei der Sache war - er wirkte leicht abwesend, man konnte ihm die Einzelheiten des Tourkollers richtig im Gesicht (und an seiner zotteligen Frisur) ablesen. Kein Wunder also, dass er nach monatelanger Tour durch Europa die ersten Verschleißerscheinungen an den Abend legte, als er dem Publikum mitteilte, dass es doch immer wieder schön wäre, im Logo zu spielen! Im Hamburger Logo hatten Nada Surf am Tag zuvor gespielt, und erst nachdem ihm Daniel mehrmals mit "Hello Cleveland!"-Rufen darauf aufmerksam machen konnte, dass er sich an diesem Abend im Prime Club zu Köln befände, musste Matthew seinen Fauxpas schmunzelnd einsehen und zugeben. Von da an war er allerdings hellwach und konnte mit seinen beiden Kollegen ein wundervolles Konzert zu Ende bringen. Doch bevor der letzte Ton erklang, spielten sie sich durch eineinhalbstündiges Set, das äußerst abwechslungsreich und emotional gestaltet war. Alte Hits wie "80 Windows", "Icebox", "Amateur", "Bacardi", "Hyperspace" und die umwerfende Version von "Stalemate" inkl. integrierter "Love Will Tear Us Apart"-Passage (bekanntlich von Joy Division) wurden frenetisch gefeiert, die neuen Songs vom aktuellen Album "Let Go" wurden ebenso begeistert aufgenommen - obwohl die ja eher ruhig gehalten sind. Die Band ließ sich von der Stimmung anstecken und spielte fast das komplette Album durch und auch einige Songs, die sie eher selten im Programm hatten (z.B. "Fruit Fly"). Die Verstärker waren schon abgeschaltet, die Mikros abgebaut, die Hintergrundmusik lief bereits, das Saallicht brannte, aber das Publikum wollte mehr, und es bekam mehr. An diesem Abend war wohl der längste Set der bisherigen Tour zu bestaunen, nur einen Song hatten sie leider nicht gespielt: "Popular". Aber das spielte keine große Rolle mehr, denn die restlichen Songs hatten diese "Lücke" ohne Probleme ausgefüllt.


NACHGEHAKT BEI: NADA SURF

Dass die drei New Yorker mit "Let Go" eine der schönsten Platten des Jahres abgeliefert haben, steht wohl außer Frage. Dass Nada Surf auf ihrer unlängst zu Ende gegangenen Deutschland-Tournee vor mehr Leuten spielten als noch vor vier Jahren, hatten wohl nur die allergrößten Optimisten erwartet. Gaesteliste.de sprach in Köln mit Sänger/Gitarrist Matthew Caws über Erwartungen, das Rockstardasein und die Zukunft.

Matthew: "Wir hatten bei diesem Album eigentlich überhaupt keine Erwartungen. Anfangs dachten wir, dass wir die Platte nur auf dem Label eines Freundes herausbringen würden und fertig! Wenn es bestimmte Erwartungen gibt, dann eher einzelne Songs betreffend. 'Inside Of Love' ist zum Beispiel ein Stück, das aus diesem oder jenen Grund sehr gut anzukommen scheint. Und das war auch schon so, als wir den Song noch gar nicht aufgenommen hatten und ihn nur live gespielt haben. Ich hoffe, dass uns das nicht daran gehindert hat, eine gute Version davon aufzunehmen, weil wir unterbewusst daran gedacht haben, dass der Song den Leuten viel bedeutet. Das Wichtigste an solchen Reaktionen ist, dass du so morgens mit einem guten Gefühl aufstehst und dich mit viel mehr Elan auf den Weg ins Studio machst."

GL: Mit der neuen Platte scheint ihr mehr als je zuvor die Musik in den Mittelpunkt zu stellen. Sind "geschäftsfördernde" Dinge wie Videos heute wirklich nur noch nebensächlich?

Matthew: "Nein, auf dem Papier bin ich daran schon sehr interessiert, in der Realität wirst du dann allerdings immer wieder mit den gleichen Problemen konfrontiert, für die ich meine Energie eigentlich nicht verbrauchen will. Für ein Video musst du ja zum Beispiel erst einmal das Geld auftreiben, dann musst du allerhand Leute davon überzeugen, dass du eine gute Idee hast, dann musst du darüber nachdenken, welchen Song du auswählst, damit er auch im Radio läuft."

GL: Trotzdem gibt es zu "Let Go" gleich mehrere Clips...

Matthew: "Ja, es gibt einige Videos, allerdings ohne dass ich mich groß darum gekümmert habe. Wir haben schon eins für 'Inside Of Love', das die Abschlussarbeit eines Studenten des American Film Institut ist. Es ist ausgezeichnet, weil es unglaublich professionell ist: Vier Tage Drehzeit, 40 Schauspieler - eine richtig große Sache! Und das Tollste: Es hat uns keinen Penny gekostet! Es gibt auch eines für 'The Way You Wear Your Head', das wir in London gedreht haben, und es gibt einen Trickfilm zu 'Blizzard Of '77', den ein paar Freunde von uns gemacht haben. Und das ist natürlich das Beste, was dir passieren kann, wenn Freunde an dich herantreten und dich fragen, ob sie ein Video machen dürfen. Klar, warum nicht?"

GL: Wie sieht deine Idealvorstellung von einem Video aus?

Matthew: "Mein absolutes Lieblingsvideo - das ist so gut, dass man die Idee eigentlich noch einmal aufgreifen sollte - stammt von den Replacements. Es ist entweder 'Bastards Of Young' oder 'Left Off The Dial', ich kann mich nicht mehr genau erinnern: Dort wird in schwarz-weiß das Zimmer eines Teenagers gezeigt, der geht zum Plattenspieler und legt die Platte auf, die Kamera schwenkt auf die Box, die wird für drei Minuten gezeigt - und fertig! Phantastisch!"

GL: Würdest du sagen, dass du dich, als ihr noch euren Majorlabel-Vertrag mit Elektra hattet, mehr als "Rockstar" fühlen konntest?

Matthew: "Ja, schon, obwohl ich mich nie wirklich wie ein Star gefühlt habe. Der große Wendepunkt kam, als ich irgendwann meine Miete nicht mehr bezahlen konnte. Da landest du ganz plötzlich auf dem harten Boden der Realität! Das Seltsame an den ganzen Interviews, die ich in der letzten Zeit gegeben habe, ist, dass alle wissen wollen, wie das ist, wenn man oben war und auf einmal ganz unten landet, und was wir die letzten vier Jahre gemacht haben. Du bist der erste, der mich nicht danach gefragt hat. In jedem einzelnen Interview war die erste Frage: 'Was ist passiert?' Von der einen Seite sieht es also so aus, dass unsere Karriere in den letzten Jahren eine richtige Achterbahnfahrt war, aber auf der anderen Seite gab es auch bei jeder Show, die wir in den letzten fünf oder sechs Jahren gespielt haben, ein paar Leute, die völlig begeistert waren und uns das nachher auch gesagt haben. Auf dem Papier sieht das ganze Auf und Ab vielleicht recht dramatisch aus, aber in dieser Band zu sein ist gleichzeitig auch herzerwärmend und unglaublich wohltuend für's Ego. Nach jeder Show kommt jemand und klopft dir auf die Schulter. Ich glaube nicht, dass Schriftsteller oder Regisseure die gleiche Art von Feedback bekommen. In einer Band zu sein ist solch ein 'easy kick'!"

GL: Auch für die Tour verlasst ihr euch ganz auf die Musik, aufwendige Extras gibt es keine. Einfach, weil ihr sie nicht für nötig erachtet? Bands wie die Flaming Lips haben ja in den letzten Jahren sehr viel Wert darauf gelegt, auch abseits der Musik für eine tolle Show zu sorgen.

Matthew: "Ja, das ist absolut großartig, und nächstes Jahr werden wir uns auch für unsere Konzerte um so etwas Gedanken machen. Im Moment sind wir dermaßen pleite, dass wir uns das einfach nicht erlauben können. Wir haben auf dieser Europa-Tournee ein ziemlich heftiges Programm zu absolvieren, und wenn wir nur einen Van gehabt hätten und keinen Bus, wäre ich gestorben! Wir haben ein wirklich hartes Jahr hinter uns, in dem wir genug damit zu tun hatten, die Band zusammenzuhalten, die Platte zu machen, sie herauszubringen und jetzt auf Tournee zu gehen. Wenn diese Phase erst einmal hinter uns liegt, können wir wieder daran denken, verrückte Dinge zu tun!"

GL: Auch wenn es einige Zeit so ausgesehen hat - diese Tournee ist also definitiv nicht das letzte große Aufbäumen vor dem Ende?

Matthew: "Nee, auf keinen Fall. Wir werden's schon noch ein paar Jahre machen. So leicht lassen wir uns nicht unterkriegen!"

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Surfempfehlung:
www.nadasurf.com
Konzert: -David Bluhm-
Interview: -Carsten Wohlfeld-
Foto: -Carsten Wohlfeld-


 
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