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Konzert-Bericht
 
Sex, Dreck & Rock'n'Roll

Maxine Kazis

Düsseldorf, The Tube
03.03.2017

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Maxine Kazis
Nun gut: Zugegebenermaßen ist Rock'n'Roll (die Musikrichtung) eine der wenigen Spielarten, die auf dem von Peter Plate (Rosenstolz) produzierten Debütalbum der Berliner Exil-Schweizerin Maxine Kazis nicht zum Tragen kommt (während der Rest schon eine prominente Rolle einnimmt) - aber live sieht das irgendwie schon wieder anders aus. Nicht, dass hier gerockt wird, aber es gibt Rock'n'Roll in dem Sinne, dass hier - trotz Elektronik - echte, lebendige spielfreudige Live-Musik geboten wird, die sich doch deutlich von der Konserve unterscheidet.
Aber der Reihe nach: "Die Evolution der Maxine Kazis", wie das besagte Werk treffenderweise heißt, bietet einen bemerkenswerten Mix aus offenherzigem Songwriting, durch das der Hörer durchaus etwas über die Protagonistin erfährt und das zudem auch eine Art Berlin Portrait darstellt und auf der musikalischen Seite aus abenteuerlich kombinierten Elementen aus Club-, E-Pop-, HipHop- und puren Pop-Versatzstücken, die es in dieser Kombination so nun auch noch nicht gegeben hat. War das von vorneherein so geplant bzw. hätte man sich das nicht einfacher machen können? "Also alles was in mir wuselt und was ich erlebt habe, wollte ich auch rauslassen", meint Maxine erklärend, "das mit der Berlin-Mucke kommt dann wahrscheinlich eher durch Peters Hand, denn ich bin ja gar keine Berlinerin - ich bin Schweizerin... angefangen hat das Ganze schon vor sechs Jahren, als ich das erste Mal nach Berlin gefahren bin und Peter kennengelernt habe, als Rosenstolz gerade vorbei war. Nachdem ich dann einiges ausprobiert hatte, hat Peter vor zwei Jahren gesagt, dass wir das Album nun aufnehmen sollten. Ich habe zuerst viel Singer-Songwriter-Kram gemacht - mit der Gitarre und dem Klavier - das hat mich dann aber gelangweilt, weil alles ein wenig gleichförmig war. Peter fand das auch und dann haben wir begonnen mit Beats zu experimentieren. Der Auslöser war dabei der Song 'Dreck'. Da haben wir einfach gesagt, dass wir mal aufhören müssen mit diesen melancholischen 'mir geht's so schlecht'-Sachen - wir fangen jetzt einfach mal mit dem Beat an. Und dabei haben wir dann jede Menge Spaß gehabt und und totgelacht und so hat es uns dann in diese Ecke getrieben." Was auch gut so ist, denn so entstand dann ein Mix, der eine perfekte Balance zwischen Dur und Moll, zwischen melancholisch und Upbeat darstellt. Die Songs als Kern des Ganzen sind dabei noch deutlich zu erkennen. "Genau - fast jeder Song auf der Platte funktioniert auch nur mit dem Klavier... und der Kern eines jeden Songs ist die pure Melodie und natürlich die Texte, die irgendetwas in mir auslösen", ergänzt Maxine.
Auf der Bühne hat das übrigens eine ulkige, aber schlüssigen Effekt: Für viele ihrer Nummern haben Maxine und ihre Band nämlich die gute alte Powerballade als Mittel zum Zweck für sich entdeckt. Das meint, dass die besagten Nummern - wie z.B. "Ruine" oder "Espenlaub" - als Piano-Ballade beginnen und sich im Folgenden dann zu semi-bombastischen Sound-Gewittern auftürmen oder zumindest doch irgendwann auch gut losgehen. Dabei wird dann auch deutlich, worauf es Maxine auf der Bühne besonders ankommt. "Auf meine Band", meint sie nämlich, "ich muss total auf meine Band vertrauen können, denn nur so kann ich auf der Bühne loslassen." Das war dann auch im Tube zu beobachten. Während die Band die für den Live-Einsatz deutlich aufgebohrten (und zum Teil ziemlich komplexen bzw. vertrackten) Arrangements der Songs technisch virtuos in Szene setzten, konnte sich Maxine - geschickterweise unterstützt von einer Backing-Sängerin - ganz auf die Performance und die Kommunikation mit dem Publikum konzentrieren. Witzigerweise führte sie dabei die auf der Scheibe begonnene Evolutionstheorie fort und erzählte munter weiter von sich und ihrem Innenleben. So erfuhren die Zuhörer dann z.B., dass Maxine gerne heult, wenn sie wütend ist, dass sie von einem ungesunden Perfektionsdrang geplagt werde, den sie loszuwerden versuche oder dass sie zögere, sich zu öffnen, wenn sie sich neu verliebe - aus Angst verletzt zu werden. Immer wieder auch ein Thema ist dabei ihre Vergangenheit als Tänzerin. Diese Karriere musste sie aufgeben, nachdem sie sich beim Training verletzt hatte, was sich durch übertriebenen Ehrgeiz ihrerseits dann so weit verschlimmerte, dass das Tanzen irgendwann nicht mehr möglich war. Das war dann auch der Anfangspunkt der besagten Evolution. "Ja, das war für mich der Song 'Hinfallen, aufstehen, weitertanzen'", verrät Maxine, "weil ich da über meine Tänzer-Vergangenheit spreche, mit der ich im Alter von fünf Jahren mit Ballettunterricht anfing. Da fing das ja auch an mit dem Hinfallen und wieder aufstehen - und dem ganz schlimmen Ehrgeiz und Perfektionsdrang, was ich auch ganz doll immer vorangetrieben und dabei auch übertrieben habe. Ein Ziel für die Evolution habe ich dabei noch gar nicht..." Das muss ja auch nicht sein, denn das ist ja das Wesen einer Evolution.

Wie es hingegen musikalisch für Maxine Kazis weitergehen soll, zeichnete sich auch bereits bei dem Konzert ab, denn hier gab es mehrere neue Stücke - wie z.B. "Ohne dich" oder "Für die Liebe", die eine mögliche Weiterentwicklung bereits andeuten. "Ich schreibe schon an neuen Songs", berichtet Maxine, "ich sage mal, es geht in eine etwas reduziertere Richtung. Es gibt zwar immer noch elektronische Elemente, aber auch mehr Akustik." Weswegen die neuen Tracks dann auch als entsprechend zurückhaltende Piano-Balladen daher kamen. Interessant noch der Aufbau der Live-Show, denn Maxine begann das Set mit eher ruhigen Nummern wie "Wer wird uns sehen" oder "Abgrund", bevor es dann mit "Dreck" die erste Party Nummer gab. Die restlichen sparte sich Maxine allerdings für das letzte Drittel der Show auf und spielte "Zug nach Berlin" dann sogar eine ihrer lebhaftesten Nummern ganz zum Schluss. Der Gig im Tube war übrigens der Auftakt zu Maxines Headliner Tour, denn der für den Tag zuvor in Köln angesetzte Gig musste gecancelled werden, weil Maxine - in der Fortführung der Evolutionstheorie - an diesem Tag als Schauspielerin für eine Kinofilm-Produktion engagiert worden war. Das machte sich insofern bemerkbar, als dass Maxine als Performerin mit einem gewissen nervösen Grundpotential an die Sache heranging, was sich zum Beispiel dadurch äußerte, dass sie des Öfteren mit konzentriert zusammengekniffenen Augen sang. Das mag auch daran gelegen haben, dass nur eine überschaubare Anzahl von Fans den Weg ins Tube gefunden hatte, die indes dann Maxines Musik frenetisch abfeierten. Insgesamt überraschten Maxine und ihre Band aber mit einer gelungenen Show mit einem überraschenden, detailreichen Live-Potential und dementsprechend lebhaften und abwechslungsreichen Arrangements - was für eine Produktion aus dem Pop-Sektor ja durchaus nicht selbstverständlich ist.

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Surfempfehlung:
www.maxinekazis.com
www.facebook.com/maxinekazis.official
Text: -Ullrich Maurer-
Foto: -Ullrich Maurer-

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