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Konzert-Bericht
 
Das Leben ist ein langer, ruhiger Fluss

Emily Jane White
Foxtails Brigade

Köln, Die Wohngemeinschaft
26.10.2016

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Emily Jane White
Da hatten sich die richtigen gefunden: Emily Jane White überraschte ihre Fans zu Beginn der gerade laufenden Europa-Tour damit, dass sie sich mit der Band Foxtails Brigade aus San Francisco zusammengetan habe, die dann nicht nur den Support bei ihren Shows übernehmen, sondern auch als Band für Emily fungieren werde. Der Kontakt kam über Laura Weinbach, der quirligen Frontfrau der Foxtails Brigade zustande, die - wie Emily selbst - im nahen Oakland beheimatet ist, und die bereits gelegentlich mit Emily zusammen gearbeitet hatte.
Bei uns ist die Band Foxtails Brigade eher noch ein unbeschriebenes Blatt, sodass sich die Gelegenheit ergab, den ungewöhnlichen Art-Pop-Mix der in Köln als Trio agierenden Combo kennenlernen zu können. Zunächst mal erschien das Ganze leicht verwirrend, denn da Laura mit einer Akustik-Gitarre und ihr Kollege Anton Patzner mit einer Violine agierte, hätte man ja klassischen Folkpop erwarten können (zumal die Band ja eben in San Francisco ansässig ist). Doch weit gefehlt: Die Foxtails Brigade hielt sich angenehm fern von Americana-Klischees und hantierte leichtfüßig mit Versatzstücken, die man eher aus dem Art- oder Prog-Genre kennt. Mit einer gewissen jazzigen Leichtigkeit präsentierte sie so ein (freilich viel zu kurzes) Programm aus zwar vertrackt hin und her hüpfenden, aber erstaunlich eingängigen Songs. Das Publikum adressierte Laura übrigens über einen Harmonizer, wodurch sie klang wie ein Mann. Das zeugte dann vom eher skurrilen Humor der Dame.
Nach einer kurzen Umbaupause kam dann Emily Jane White hinzu und präsentierte im Folgenden ein - besonders in konzeptioneller Hinsicht - makelloses Set mit den Tracks ihres aktuellen Albums "They Moved In Shadow All Together" und einigen Goodies aus dem Back-Programm, die freilich allesamt im elegischen Schatten-Setting, das ihre aktuelle Scheibe vorgibt, angesiedelt waren (bis hin zu dem hier solo interpretierten "Wild Tigers I Have Known" von ihrem Debüt-Album "Dark Undercoat"). Für Emily-Aficinados gab es einige Details, die ins Auge bzw. Ohr fielen: Emily wechselte des Öfteren - gewohnt wortkarg - zwischen dem Piano und ihrer Ephiphone-Gitarre hin und her - favorisierte aber letztlich tatsächlich die Gitarre. Nicht, dass das wirklich rockte - aber Tracks wie "The Cliff" bekamen hier schon eine Art Punch, den man zuletzt von Emily nicht erwartet hätte. Das scheint ihr heutzutage mehr zu liegen - wofür auch sprach, dass sie die auf der Gitarre vorgetragenen Songs eher mit geöffneten Augen sang, als jene am Piano.

Auf ihrem neuen Album überzeugte Emily Jane White zum einen durch ein bislang nicht gekanntes Bekenntnis zur absoluten Melodie und zum anderen, indem sie als Produzentin von eigenen Gnaden mit einem besonderen Sounddesign aufwartete, indem sie ihren Gesang auf dreidimensionale Weise vielschichtig sortiert angeordnet hatte. Das ließ sich im Live-Setting natürlich nur durch die zweite Stimme Laura Weinbachs (und ziemlich viel Hall) reproduzieren - funktionierte aber auch so. Patzner fiel dann die Aufgabe zu, alle Streicherparts mit seiner Geige zu emulieren. Dabei blieb es freilich nicht, denn er steuerte auch einige Gitarrensoli per Keyboard bei. (Auf dem Instrument hatte er eine gesampelte Bariton-Gitarre hinterlegt und spielte dann - passend zu Emilys Rhythmusgitarre - einige Solo-Passagen.) Was bei der Show in der Wohngemeinschaft besonders überzeugte, war eine in sich stimmige stilistische Geschlossenheit. Emily hat - in Bezug auf ihre Melodien und Harmonien - zu einer besonderen Auslegung des Americana-Feelings gefunden, die sich eher an klassischen amerikanischen Komponisten wie Aaron Copeland oder Philip Glass (oder wie sie es mal formulierte am "Victorian America") als etwa an typischem kontemporärem Folkpop orientiert. Das hat dann gleich auch etwas unaufdringlich Majestätisches. Dargeboten wird das Ganze dann mit einer Art heiteren Gelassenheit, die das nach wie vor düstere inhaltliche Treiben Emilys gar nicht mehr so melancholisch erscheinen lässt. Emily dirigiert das alles als Königin der Arpeggios und Glissandi. Das perlt dann alles irgendwie elegant dahin - wie eben auf dem langen, ruhigen Fluss, den ja nun mal das Leben darstellt. Davon lässt man sich dann als Zuhörer auch gerne mit treiben (denn in diesem Zusammenhang von "mitreißend" zu sprechen, träfe das Thema nicht so ganz).

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Surfempfehlung:
www.emilyjanewhite.com
www.facebook.com/emilyjanewhiteofficial
www.hungryflies.org
www.facebook.com/foxtailsbrigade
Text: -Ullrich Maurer-
Foto: -Ullrich Maurer-

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