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Konzert-Bericht
 
Jim Morrisons Kaktus

Marla
David Celia

Köln, Weltempfänger
28.05.2016

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Marla / David Celia
Also die Sache mit dem Titel dieser Story ist die: Marla hat - mit etwas zu viel Whisky - den Song "Marais" an Jim Morrisons Grab geschrieben und ihr musikalischer Partner, der Kanadier David Celia, hat einen Song namens "Cactus" im Programm - in dem es aber nicht um Kakteen, sondern um stachelige Leute geht, die einen durch ihre Stacheligkeit vielleicht aber sogar in die richtige Richtung lenken können. Im Kölner Weltempfänger beendeten Marla und David Celia ihre monatelange gemeinsame Tour (auf der Marla natürlich auch ihr bemerkenswertes Debütalbum "Madawaska Valley" präsentierte) - und das kam nicht von ungefähr, denn sozusagen begann hier alles für die deutsch/spanisch-wurzelige Songwriterin.
Denn als sie eine Zeit lang in Köln lebte und bei jenem HipHop-Label arbeitete, das sich schließlich bereit erklärte, ihre eher artfremden Folksongs herauszubringen, wanderte ihr Song "Remember" auf den Vinyl-Sampler "Down By The Water Vol. 1", die der Ehrenfelder Songwriter Benedikt Schmitz organisiert hatte und verschaffte ihr somit auch erste Kontakte zu der "richtigen" Songwriter-Szene. Das erklärte auch, warum bei diesem Konzert vergleichsweise viele musizierende Kollegen anwesend waren, die auch auf jenem Sampler vertreten sind - etwa Stefan Honig oder Benedikt mit seinem Projekt We Used To Be Tourists. Marla nimmt unter den Songwriterinnen hierzulande insofern eine Ausnahmestellung ein, als dass sie ihre klassischen Folksongs mit einer Selbstverständlichkeit zusammenzimmert und präsentiert, die man eben bei uns in dieser lockeren Form so nicht gewohnt ist. Das wurde auch bei der Show im Weltempfänger deutlich: Ganz so, als sei es eben kein Kunststück, geradlinige, warmherzige und vor allen Dingen simple Folksongs zu allen möglichen Themen in mehreren Sprachen zu schreiben, die sich vom ersten Moment an anhören, wie Klassiker des Genres, reihte Marla ein meisterlich reduziertes Kleinkunstwerk dieser Art nach dem anderen auf - und griff dabei nicht nur auf Material von "Madawaska Valley" selbst zurück, sondern überraschte auch mit neuen Songs - wie zum Beispiel dem Titeltrack der CD - der aber gar nicht darauf zu finden ist. Das war dann auch gleich eine spannende Offenbarung, denn die leicht spanisch anmutenden Harmonien des Tracks gingen - wie die CD-Tracks ja schließlich auch - gleich ins Ohr.
Begleitet wurde Marla - wie gesagt - von dem Kanadier David Celia. Mit dem tourt sie schon seit einigen Jahren zusammen und er war es auch, der Marla anbot, ihr eigenes Material in Kanada (wo - irgenwo in Ontario - auch das besungene Madawaska-Tal liegt) aufzunehmen. Was sie sich nicht zwei Mal sagen ließ - und was wohl auch abfärbt, denn Marla singt ihre Songs zuweilen schon mal auf "Kanadisch-Englisch" (was weiter nichts heißt - außer dass aus dem Umlaut "ou" - wie er z.B. in "about" zu finden ist, eine Art "eü" wird). "Das habe ich aber nicht absichtlich gemacht", erklärte sie anschließend, "aber ich habe in den letzten Monaten quasi nur mit David kommuniziert und das färbt dann wohl ab." Die Magie von Marlas Songs und jene ihres Vortrages liegt darin, dass sie es erstens schafft, sich ohne erkennbare Mühe auf das Wesentliche zu konzentrieren und zweitens eine ganz eigene Art hat, das Material stimmungsmäßig aufzubereiten. Der süßliche Aspekt, der vielen Kolleginnen anhaftet, geht Marla nämlich vollständig ab - stattdessen gibt es eine Art rauer Düsternis, die der Sache einfach mehr Gehalt verleiht - ohne dass dabei die Emotionalität zu kurz käme. Dave Celia begleitete das Ganze entsprechend kongenial, indem er sein virtuoses Talent als Gitarrenspieler dergestalt zügelte, dass er Marlas eher filigranes Gezupfe entsprechend simpel - und oft mit einem Bottleneck über die Saiten gleitend - unterstützte. Solcherlei Zurückhaltung gab er dann bei seinem eigenen Set, das nach einer kurzen Pinkelpause folgte, allerdings vollständig auf.

Als musikalische Visitenkarte empfahl er sich mit einem Instrumental namens "The Wind" - das eigentlich aus fünf verschiedenen Songs in fünf verschiedenen Stilen mit fünf unterschiedlichen Tempi auf fünf Ebenen bestand, die David Celia dann noch mit geschicktem Sampling toppte und sich mit sich selbst duellierte. Als typischer Nordamerikaner ist David Celia inhaltlich von der räumlichen Weite, dem Reisen und dem Automobil als solchem fasziniert und hat gleich mehrere Songs zu dem Thema im Gepäck (unter anderem einen, in dem es darum geht, während des Autofahrens das Gitarre-Spielen zu üben - "aber bitte nicht in Europa", wie David warnend ergänzte). Dass David Celia viele betont lustige Songs im Gepäck hat, liegt nach eigener Aussage daran, dass er ein melancholischer Typ ist, der seine fröhlichsten Songs dann schreibt, wenn er emotional eher am Boden ist. Und musikalisch hat sich David glücklicherweise nicht darauf versteift - wie viele seiner Kollegen - einfach US-Amerikanische Klischees zu bemühen. Stattdessen entfacht er ein virtuoses und zum Teil gar atemberaubendes Soundgewitter, in dem stilistisch - vom Ragtime über den Swing und Fake-Country bis zum Led Zeppelin Rock und Al Di Meola Fusion-Jazz in Hyperspeed-Qualität - schlicht alles Möglich ist. Das entlockte dem Publikum immer wieder lautes Lachen und begeisterte Zustimmung. Und auch ein anwesender Hund namens "Raoul" zeigte sich angetan. Diesem widmete David dann auch gleich seinen Song "Duchess" - eine haarsträubend komische Ode an einen dreibeinigen Nachbarshund, der ihm gewohnheitsgemäß die Zehen zu lecken pflege. Ansonsten gab es mit "I'm Not Texan" dann sogar noch einen ironischen Seitenhieb auf die südlichen Nachbarn. Marla und David schreiben auch Songs zusammen, die aber alle noch nicht so richtig fertig zu sein scheinen - zumindest aber, wie z.B. die über Skype entstandene Nonsense-Punk-Nummer zum Thema Gin & Tonic - ziemlich kurz geraten sind. Zu Ende ging das Konzert dann mit ein paar Zugaben - darunter zum, großen Amüsement des Publikums "Love Me Do" von den Beatles. Oft gibt es ja bei akustischen Singer/Songwriter-Konzerten das Problem, dass sich ab einem gewissen Punkt stilistisch die Sache totläuft: Nicht so bei diesem Showcase, der mit seiner gewaltigen Bandbreite mit Sicherheit zu den kurzweiligsten der jüngeren Historie zählte.

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Text: -Ullrich Maurer-
Foto: -Ullrich Maurer-

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