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Konzert-Bericht
 
Sturm im Hafen

Sophia

Köln, artheater
24.04.2016

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Sophia
Nachdem der gute Robin Proper-Sheppard sich mit der neuen Scheibe "As We Make Our Way (Unknown Harbours)" (zugegebenermaßen nicht ganz freiwillig) fast sieben Jahre Zeit gelassen hatte, musste sich da wohl so einiges angestaut haben. Bereits als das ausverkaufte artheater seine Pforten öffnete, bebte das Gebäude nämlich bereits in seinen Grundfesten, denn die Band war noch mit dem Soundcheck beschäftigt - und der versprach dann einen druckvollen, ja geradezu stürmischen Abend. Während das neue Album per se sich musikalisch ja doch an den großen Traditionen des Meisters orientiert und eine gediegene Sammlung edler Elegien zusammenfasst, brannte Robin aber bereits im Vorfeld darauf, das Material mit seiner runderneuerten Band live umzusetzen.
Nachdem er in den letzten Jahren nur gelegentlich alleine und akustisch unterwegs gewesen war, hat Robin momentan wohl genug von akustischen Plänkeleien: Sophia 2016 kommt demzufolge vollkommen ohne Akustikgitarren aus. Dafür haben Robin und sein alter Kumpel, Drummer Jeff Townsin (mit dem zusammen er das neue Material auch im Studio einspielte), sich mit drei jungen belgischen Musikern der Band Ides Moon verstärkt, die Robin kennenlernte, als er nach einem erzwungenen Aufenthalt in den USA schließlich in der Nähe von Brüssel seine neuen Wurzeln schlug. Und diese Herren verfügten nicht nur über flächendeckende Effektpedale (auch Bassist Sander Verstraete hatte so eines) und Keyboards ohne Ende, sondern auch den unbedingten Willen, die Songs Robins musikalisch mit voller Kraft voraus in den Hyperraum zu treiben. Der Plan war dabei ganz einfach: Robin spielte zunächst ein Mal die komplette neue LP in der Original-Reihenfolge. Punkt. Das hat eine besondere Bewandtnis: Die LP folgt einem gewissen dramatischen Flow - und obwohl Robin durchaus versucht hatte, mit der Reihenfolge der Songs zu spielen, kann es - seiner Meinung nach - nur diese spezifische Reihenfolge geben. In der Tat ist es so, dass dieses Album - nach eigener Aussage - das erste seit langer Zeit ist, das er sich selbst auch selbst anhören und goutieren kann, und das geht eben nur in dieser Reihenfolge.
Nun ist es ja so, dass ein solches Vorgehen zuweilen schon mal ein Geschmäckle haben kann - nicht jedoch in diesem Fall. Denn es ging keineswegs darum, einfach die LP möglichst werksgetreu zu reproduzieren - sondern um die Entfachung eines veritablen Sturms im unbekannten Hafen. Das, was sich auf keinen Fall geändert hatte, war hingegen Robins Faible für die Nachtschatten: Konsequent sang er - wie gewohnt mit geschlossenen Augen - seine Songs mit ungebremster Intensität, aber eben im Dunkeln und oft und gerne auch mit dem Rücken zum Publikum. So ist er nun mal - die Fans haben sich daran gewöhnt und ändern kann er das auf seine alten Tage auch nicht mehr. Aber das war's dann auch schon, was an diese alten Sophia-Tage erinnerte. Denn die Songs wurden - wo immer das irgend möglich war - mit Verve und Atü zugedröhnt, was das Zeug hielt. Nicht nur, aber auch indem die belgischen Kollegen - allen voran Gitarrist Jasper Maekelberg - fast so virtuos in die Saiten griffen (auch der Keyboarder holte immer wieder eine Gitarre hervor) wie sie auf den zahllosen Knöpfen und Schaltern ihrer Effektpedale herumtanzten, sondern vor allen Dingen auch, weil Robin selbst mit seiner mächtigen Epiphone-Gitarre Druck machte und ungewohnt rockige Riffs raushaute. Und dann war da ja noch die Dynamik: Nominell fallen Sophia-Songs ja eher durch ihren langen, ruhigen Fluss ins Gewicht - in diesem Live-Kontext wurde indes jede Möglichkeit genutzt, die Songs vom sprichwörtlichen Flüstern zu einem tosenden Orkan aufzudrehen. Besonders schön gelang das im zweiten Teil der Show, wo Robin typische Monolithen wie den für seine verstorbene Mutter verfassten "Desert Song #2" oder den "River Song" versammelte. Und dann gibt es ja noch Sophia-Songs, die vorneherein mit einer Portion Wut im Bauch daher kommen. Dazu gehört der Hit "Oh My Love" und selbst auf der neuen Scheibe sind Up-Tempo-Songs wie "California", "The Hustle" oder "You Say It's Alright" versammelt, die die Band dann mit jugendlicher Frische als regelrechte Rocknummern auffasste.

Überhaupt kamen Robin und seine Jungs an diesem Abend Led Zeppelin zuweilen gefährlich nahe. So etwa müsste man sich eine regelgerechte May Queens-Show wohl vorstellen (May Queens ist ja bekanntlich ein Sophia-Nebenprojekt, mit dem Robin seine Rock-Affinitäten auslebte). Besonders "Darkness" von "People Are Like Seasons" dröhnte ziemlich heavy. Das machte Spaß und diese physikalische Präsenz nahm der Sache sogar auch jenen Anflug von Larmoyanz, den man ja gemeinhin eigentlich von solchen Veranstaltungen gewohnt war. Die Sache hatte natürlich auch eine Rückhand: So richtig sauber klang das alles nicht und insbesondere der Gesang saß zuweilen ganz schön neben der Spur. Freilich machte das bei diesem auralen Overkill auch nicht so viel aus. Dass allerdings die emotionale Intensität ein wenig im allgemeinen Schwung verloren ging, war dann schon schade. Gerade so schwierige Stücke wie "Baby Hold On", in dem Robin zu der Erkenntnis kommt, dass das Verhältnis zu seiner Tochter sich doch sehr viel problematischer darstellt, als er sich selbst das immer vorgestellt hatte, hätte man gerne etwas subtiler und weniger brüchig gewünscht. (Andererseits war ja vielleicht gerade diese Brüchigkeit das Zeichen dafür, wie nahe dieses Thema Robin geht?) Erfreulich war bei diesem Konzert dann noch der Umstand, dass sich nicht nur die Musiker, sondern auch das Publikum sich teilweise verjüngt hatte. In einer der wenigen Ansagen, zu denen Robin sich durchringen konnte, bedankte er sich beim Kölner Publikum für seine Treue und erinnerte an Zeiten, in denen "manche von euch noch gar nicht geboren waren". Gerade die vereinzelten jungen Leute im Kreis der getreuen Fans waren es dann auch, die insbesondere auch die alten Songs besonders akkurat mitsangen. Eigentlich hatte Robin das Konzert pünktlich beenden wollen, um zu schauen, ob Jon Snow in der neuen Game Of Thrones-Staffel nun noch lebt oder eben nicht, doch das Publikum lockte die Musiker dann doch noch mal für die erste Zugabe der Tour auf die Bühne und hier spielten Sophia dann noch "Birds" und "I Left You". Es wäre abschließend vielleicht zu viel gesagt, zu behaupten, die lange Pause habe dem Performer Robin Proper-Sheppard gut getan - geschadet hat sie ihm aber offensichtlich auch nicht, denn mit dem aktuellen Konzept hat Robin alte wie neue Fans auf angenehme Weise überrascht.

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Text: -Ullrich Maurer-
Foto: -Ullrich Maurer-


 
 

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