Doch bevor das Kölner Publikum sich diesem hingeben durfte, gab noch jemand anders sich redlich Mühe, das Underground zum kochen zu bringen: Gestatten, The Death Letters, Punkrock-Duo, ebenfalls im Lieblingsnachbarland deutscher Fußballfans beheimatet. Der nach einem Song Son Houses benannte Rock-Nachwuchs legt vor nur knapp 50 Leuten einen achtbaren Auftritt hin.
Am meisten ins Auge fällt das Verhältnis von Alter zu Können - Gitarrist und Sänger Jordi "Duende" Ariza Lora (19) und Drummer Victor Brandt (18) spielen nicht eben virtuos, aber mit einem Wumms und Gefühl dahinter, dass die Ohren schlackern. Seit den Blues Rock-Anfängen hörbar richtung Post und Punk expandiert, hat das Repertoire deutlich an Wucht und Härte zugelegt. Mit Erstling "The Death Letters" haben die Songs von "Post-Historic" soundmäßig nicht mehr eben viel gemeinsam. Das hier ist gereifter, greifbarer, überzeugend und knackig. Kurz: Die Jungs werden erwachsen.
Ein Tritt in den Allerwertesten geht an das Mixing, aber bitte mit Anlauf! Im Kakophonie-Matsch ist an Stimme nicht mehr viel auszumachen, die Death Letters waren derart schlecht gemischt, dass man fast Sabotage hätte vermuten können. Wäre da nicht bekanntermaßen die altbewährte Tradition, Vorbands immer ein bisschen schlechter abzumischen, als den Hauptact. Sehr, sehr dummes Brauchtum, bitte abschaffen!
Soundmäßig waren De Staat also besser gerüstet, für die Alternative-Rocker wurden die Verhältnisse von unerträglich auf ganz ordentlich geregelt. Und prompt legen die Niederländer einen Auftritt aus dem Lehrbuch hin. Bedenkt man, dass die Band mittlerweile auf Festivals wie dem Glastonbury vor Besucherzahlen in den Zehntausenden spielt, ist es beachtlich, wie viel Energie hier in einen so kleinen Gig gelegt wird. Nach und nach strömen dann zwar auch noch die restlichen Ticketabnehmer ein, aber die Anzahl eifriger Zuhörer verweilt im zweistelligen Bereich.
Dem Konzert aber tut das dennoch keinen Abbruch. Mastermind Torre Florim brilliert trotz Erkältung mit astreiner (Stimm-)Performance, Vedran Mircetic zeigt, was ein Genie an der Gitarre ist, Jack Black-Verschnitt Rocco Bell scheint einfach jedes Instrumentes mächtig und über Jop van Summeren könnte man nichts Besseres sagen, als dass er seinen Kollegen ebenbürtig ist. Im Vordergrund aber stehen Tim van Delfts trocken-knackige Drums, die ganz viel bei dem Sound ausmachen, den die Band mit "Machinery" so gerne festhalten wollte: Den einer Maschine. Dazu wird ausgiebig mit Pausen gearbeitet, ein breites Repertoire an Percussion und Synthies eingesetzt und sich Florims wandlungsfähiges Stimmorgan zu Nutze gemacht.
Auch was das Entertainment angeht, kam keiner zu kurz und Improvisation wird ebenfalls ganz groß geschrieben. Als Florim sprachkundig in die Menge brüllt "Wir haben Spaß, und du?" verbessert das deutsche Publikum artig einstimmig "SIE!", bevor sich der Sänger witzelnd erkundigt "Soll ich 'du' sagen oder muss ich 'Sie' sagen?" Aber nicht nur der Interaktion mit dem Publikum kommt die Größe der Location zu Gute. Hier wird auch mal ein Intro einfach ohne Mikro gesungen und Florims Stimme hallt trotzdem von den Wänden wider, bevor Band wie Auditorium in stiller Übereinkunft beginnen, zum A-Cappella zu klatschen - das nennt man Atmosphäre! Spätestens bei Single "Sweatshop" hält sich dann keiner mehr, und alles, was den Death Letters noch andächtig gelauscht hat, zappelt haareschüttelnd vor der Bühne ab. Seinem Konzept hat das Quartett jedenfalls alle Ehre gemacht, denn eines ist De Staats Sound unbestreitbar: Prägnant und stampfend wie eine Maschine.