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Konzert-Bericht
 
Der Verlust der Telefonzellen

Metric

Köln, Luxor
05.05.2009

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Metric
Anlässlich der anstehenden Veröffentlichung des neuen Metric-Albums "Fantasies" waren die Kanadier zur kurzen Stippvisite auch im Kölner Luxor zu Gast. In Kanada zählt die Band seit geraumer Zeit schon zu den Top-Acts, so dass es nicht wundert, dass auch die neue Single "Help I'm Alive" sich dort bereits munter in den Charts tummelt - obwohl (oder vielleicht sogar weil) die Band das neue Album selbst finanziert hat und auf dem eigenen Label vertreibt. Das hindert ein professionelles Unternehmen, wie Metric es nun mal darstellt, natürlich nicht daran, mit der nötigen Rock-Star-Energie auch an kleinere Events, wie es ein Konzert im Luxor für sie nunmehr ist, heranzugehen. Dazu gehört z.B. eine ganze Schar von eigenen Technikern und Roadies genauso wie ein Masterplan zur Distribution der Merchandise, ein eigenes Mischpult auf der Bühne, eigene Türsteher, bis auf konkrete Beleuchtungsanweisungen ("no Reds, no Greens, always light the drummer") heruntergebrochene Stage-Rider und ein einstündiger Soundcheck.
Letzterer aber, so Gitarrist Jimmy Shaw vor dem Konzert, nicht unbedingt der technischen Probleme wegen, sondern weil es schlicht Spaß macht und gut klingen soll. Und zuguterletzt wurden in letzter Minute auch noch Ventilatoren auf der Bühne befestigt. Mit gutem Grund, denn im Folgenden ging es im gut gefüllten Luxor heiß her. Zunächst ließen es Emily Haines und ihre Mannen mit "Twilight Galaxy" vom neuen Werk noch ein Mal ruhig angehen. Das sollte dann aber im Folgenden (neben der quasi akustisch vorgetragenen, abschließenden Zugabe "Live It Out") die einzige Ruhephase im ganzen Set werden. Nachdem schließlich die neue Single - mit dem gebotenen Druck, aber noch nicht zur Gänze ausgelotet - abgefeiert war, begrüßte Emily das Publikum zunächst mal mit einer philosophischen Rede, die sich mit den sozialen Umständen unserer ständig verändernden Welt, der Position der Menschen zueinander und innerhalb dieser und mit Bezug zum Universum als solchem und der Rolle der Musik als alleine selig machendem Element der Kommunikation und Verständigung im Allgemeinen befasste. Ehrlich gesagt: So etwas bekommt man als Rock-Freund selten geboten. Diese neu definierte Redseligkeit setzte sich im Folgenden sogar noch fort, indem Emily das neue Songmaterial in ähnlich poetischer Weise erläuterte. Vor allen Dingen ging aber mächtig der Bär ab. Mag das neue Material auf der CD auch weniger aggressiv aufgebaut sein, als zuletzt üblich (weil die neuen Songs das nicht nötig haben, so Shaw): Live ist das natürlich etwas anderes. Die Sache ging dann sogar so weit, dass sich Emily sich bei dem Song "Gold, Guns and Girls" (dem James Bond-Track der neuen Scheibe, wie Emily sagt) selbst eine Gitarre umschnallte. Eher aus dekorativen Gründen zwar, aber immerhin.
Ansonsten tobte sie wie ein Derwisch über die Bühne und unterhielt das Publikum mit Stadien-füllenden Gesten (nicht auf die Zuschauerzahl bezogen, sondern auf die Größe dieser Gesten). Emily Haines ist das, was man gemeinhin als geborene Rampensau bezeichnet. "Die sieht ja aus wie Madonna", meinte ein Herr im Publikum - und irgendwo war da auch was dran. Zu bewundern war eine überlebensgroße Bühnenpersona, die von der gutbürgerlichen Realität normaler Konzertbesucher ebenso weit entfernt ist, wie die "normale" Emily. Ein Beispiel: Statt der Alltagskleidung beim Soundcheck trug sie zum Konzert ein mottenzerfressenes Rock'n'Roll-T-Shirt mit Sgt. Peppers Uniformjacke und eine Jeans, die selbst die Ramones nicht kunstvoller hätten einschlitzen können. Aber - und dass muss einem der Neid lassen - man kauft Metric dieses Gehabe durchaus ab - nicht zuletzt deswegen, weil die Musikanten tatsächlich mindestens so viel Spaß am Geschehen haben, wie das Publikum. Dass Metric jetzt auch einen Song namens "Stadium Love" im Programm haben, hat damit allerdings nichts zu tun: Darin geht es um das Suchen und Finden der Liebe. "Wer von euch weiß denn noch, was eine Telefonzelle ist?", fragte Emily kokett ins Rund der Handy-Generation, "in dem nächsten Song geht es um die Dinge, die man früher als gegeben hin nahm und die es heute nicht mehr gibt." Es folgte die neue Nummer "Collect Call". Der Anker der Show war dann allerdings eine epische Version von "Empty", dem Opener des Albums "Live It Out". Das war eine Viertelstunde geballter Wahnsinn, mit eigentlich allem, was der Rock'n'Roll zu bieten hat - vielleicht außer wirklich klassischer Soli; dafür gab's dann aber wenigstens drei, vier Minuten lang ununterbrochen das zentrale Riff der Nummer zum Abhotten, von Shaw mit spastischen Verrenkungen und von Emily mit wirbelnden Haaren illustriert. "Irritiert euch dieser ausufernde Scheiß?", fragte Emily in einer besonders spannungeladenen Sequenz in der Mitte - wohl nicht ganz ernst gemeint, denn irritiert war nun wirklich nun niemand. Eher begeistert und angesichts der wogenden Menge zeigte sich dann, dass die im Luxor eher unüblichen Absperrgitter an diesem Abend durchaus einen Sinn hatten.

Einen ähnlichen Moment gab es noch mal bei der ersten Zugabe, die Emily als "kleinen Klassiker" ankündigte: "Monster Hospital", ebenfalls von "Live It Out", bei dem dann Band und Publikum gemeinsam lautstark den Krieg bekämpften. Zum Schluss gab es dann noch eine nette Geste: Emily verabschiedete sich sozusagen mit Handschlag von den erreichbaren Fans aus der ersten Reihe - auch das gehört zum professionellen Rock'n'Roll-Zirkus dazu; ist aber keineswegs selbstverständlich. Fazit: Zumindest was den Unterhaltungswert und Showmanship angeht, sind Metric zur Zeit (und neben den Wrens) die fucking beste Live Band der Gegenwart. Punkt.

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Surfempfehlung:
www.myspace.com/metricband
www.ilovemetric.com
Text: -Ullrich Maurer-
Foto: -Ullrich Maurer-


 
 

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