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"Nobody is better at Rock N Roll than The Long Winters"

The Long Winters

Bielefeld, JZ Kamp
21.11.2006

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The Long Winters
Ein so unvergesslicher Abend wie der Auftritt der Long Winters fast auf den Tag genau drei Jahre zuvor im Münsteraner Gleis 22 war dieses Konzert in Bielefeld vielleicht nicht. An der Band hat das allerdings nicht gelegen, denn die war - trotz des ständig rotierenden Besetzungskarussells in den vergangenen Jahren - sogar besser als je zuvor. Das ostwestfälische Publikum dagegen ließ etwas zu wünschen übrig. "Ich hatte das Gefühl, dass sie uns gehasst haben. Aber warum sind sie dann nicht einfach gegangen? Es wäre doch so einfach gewesen!", meinte TLW-Drummer Nabil Ayers nach dem letzten Konzert der von Gaesteliste.de präsentierten Tournee. Und richtig, ein wenig seltsam war das Verhalten der Bielefelder Zuschauer schon.
Vielleicht 50 Seelen drückten sich am hinteren Ende des für TLW eh etwas zu großen Saales herum und waren auch zwischen den Songs nicht gerade enthusiastisch. Doch als die Band androhte, dass bald Schluss sein würde, wollte das Publikum die vier Herren aus Seattle dann doch nicht gehen lassen... So standen TLW letzten Endes fast zwei Stunden auf der Bühne, dürften aber außer vereinzelten Fotografen, die sich in die "Sperrzone" zwischen Bühnenrand und Zuschauern getraut hatten, während des gesamten Konzertes kaum jemanden gesehen haben. Soundcheck im Dunkeln sozusagen.

Aber was für ein Soundcheck! Mit voller Spielfreude stürzten sich die vier in ihr Programm, brachten gleich zu Beginn mit dem grandiosen "Carparts" die einzige Nummer aus ihrem hierzulande immer noch komplett unbekannten Debütalbum "The Worst You Can Do Is Harm" und bewiesen anschließend mit dem musikalisch extravaganten "Teaspoon" (aus dem aktuellen Werk "Putting The Days To Bed"), wie sich ihre ureigene Vision des Power Pop in den vergangenen fünf Jahren gewandelt hat. Wobei zu unterstreichen ist: Die Balance zwischen Rock N Roll-Feeling, wortgewandten / gewitzten Texten und Nonchalance im Umgang mit dem Publikum ist heute perfekter denn je.

Danach ging es Schlag auf Schlag mit neuen ("Seven", "Honest") und alten ("Stupid", "Scared Straight") Highlights weiter, und so schön das auch war: Ein wenig vermisste man schon den verbalen Schlagabtausch der Band mit dem Publikum, der sich an diesem Abend auf ein paar Scherze über Johns Frisur ("Ich hatte vor dem Auftritt keine Zeit, mir die Haare zu machen") und die Bundesliga ("Ihr habt Bayern München geschlagen - kein Scheiß?!") beschränkte.

So war es dann ein ungewohnt straighter Auftritt des Quartetts, in dem auch die sonst fest zum Programm gehörenden ulkigen Coverversionen und Improvisationen ("There are no wrong notes in jazz") fehlten. Nur einmal spielten Bassist Eric Corson und Keyboarder Jonathan Rothman in einer Gitarren-Stimm-Pause kurz (und so leise, dass man es kaum hören konnte) "Sweet Home Alabama" an, aber auf Johns Rückfrage, ob sie die Nummer nicht vielleicht ganz spielen wollten, erntete er nur entsetzte Blicke von seinen Bandkollegen.

Also konzentrierten sich die vier auf Songs von "Putting The Days To Bed", das - mit zwei Ausnahmen - komplett zur Aufführung kam, und konnten damit unter Beweis stellen, dass die Platte gerade in ihrer Liveumsetzung keinen Deut schlechter ist als der zu Recht so umjubelte Vorgänger "When I Pretend To Fall". Die heimlichen Highlights des Abends präsentierte John dagegen beim kurzen Piano-Intermezzo in der Mitte des Sets: Mit "Delicate Hands" und "The Commander Thinks Aloud" brachten The Long Winters zwei atmosphärische Auszüge aus der oft ignorierten "Ultimatum"-EP, die live - trotz des Einsatzes von bis zu drei Tasteninstrumenten gleichzeitig - etwas von ihrem ungewohnt experimentellen Charakter verloren und so etwas wie der emotionale Anker des Konzerts waren.

Weil es mit den Publikumswünschen nicht so recht klappen wollte, da nur ein einziger Zuschauer im Saal willens oder in der Lage war, Johns Aufforderung nachzukommen, durfte sich dann irgendwann Eric den nächsten Song aussuchen und entschied sich für das seelenvolle "Hindsight", bevor "(It's A) Departure" den offiziellen Teil des Programms markierte. Weil die Long Winters - die übrigens im Februar / März wieder nach Deutschland zurückkommen wollen - allerdings keine Zugaben spielen, blieben sie einfach auf der Bühne und demonstrierten bei einer "öffentlichen Zigarettenpause", was für tiefgreifende Gespräche für gewöhnlich im Backstageraum geführt werden, wenn die Band nach dem Mainset verschwindet und einige Minuten später - ganz überrascht ob so viel Gegenliebe - für eine Zugabe wieder auf der Bühne erscheint...

Die erste von drei "Zugaben" bestritten John und Eric als Duo und unplugged mit dem wunderbaren "It'll Be A Breeze" - eine Nummer, die in Bälde in der Version von Ken Stringfellow als die erste regulär veröffentlichte Long Winters-Coverversion in die Geschichte eingehen dürfte. Bei seinem Konzert in Bratislava hatte Stringfellow eine Woche zuvor gesagt: "We have our own folk music in the United States. It's called Rock N Roll. And actually NOBODY is better at Rock N Roll than The Long Winters". Wer an diesem Abend in Bielefeld dabei war, kann sich dieser Aussage nur anschließen!

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Surfempfehlung:
www.thelongwinters.com
www.myspace.com/thelongwinters
Text: -Carsten Wohlfeld-
Foto: -Carsten Wohlfeld-


 
 

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