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Konzert-Bericht
 
Dynamisches Inferno

Woven Hand
Helldorado

Bonn, Harmonie
18.10.2005

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Woven Hand
Na, da hatten sich aber die richtigen Früchtchen gefunden! Glitterhousens beste Inbrünstler hatten sich in der Harmonie zu Bonn versammelt, um die neue Rockpalast-Crossroads-Saison einzuläuten und den Fans dabei ordentlich einzuheizen. Denn, wie Glitterhouse-Chairman Rembert Stiewe einleitend bemerkte, gerade Helldorado aus Stavanger, in Norwegen, sind eben nicht "getragen" wie viele ihrer Landsleute - sondern laut, rockig und gut zu Fuß. Und was etwa David Eugene Edwards und seinen beiden Mitstreitern etwa an Geschwindigkeit abgeht, machen Woven Hand durch Dynamik und kinetische Energie mühelos wieder wett.
Doch der Reihe nach: Die Jungs von Helldorado gaben sich bei diesem Konzert besondere Mühe und legten eine perfekte und dramaturgisch äußerst effektive Rockshow hin. Begann das Konzert mit der namengebenden Tragödie des neuen Albums "Ballad Of Nora Lee" tatsächlich noch eher verhalten, steigerten sich Dag. S. Vogle und die Seinen im Folgenden zur astreinen Rausschmeißer Truppe, wobei der Höhepunkt etwa mit dem vom Stooges-Punk inspirierten Gassenhauer "Rock Your Soul" erreicht wurde. Dazwischen gab's dann die ganze Bandbreite des Helldorado'schen Könnens - inklusive eines sprichwörtlichen Gitarrenfeuerwerks. Die Herren hatten sich nämlich bengalische Feuer an die Gitarrenhälse geklebt und brannten diese unisono ab. Das Witzige ist, dass Helldorado eigentlich gar nichts anderes machen als viele andere auch - nur mehr davon. So gibt es Surf-Gitarren, Bo Diddley-Dynamik, Detroit-Riffs, eine große Portion Inbrunst und Sendungsbewusstein, coole Schmalztollen, Retro-Mikes, Country Hemden, Twang und ein wenig Rockabilly-Ästhetik mit einer Prise Americana Feeling. Aber - boy oh boy - sind die gut darin, das alles zu kanalisieren und auf den Punkt zu bringen! Dazu gehört natürlich auch, dass die vier Nordmänner ihre Instrumente traumwandlerisch beherrschen und vor allen Dingen auch immer eine Prise Humor auf Tasche haben. Was aber bei den ganzen Noir-Dramen um gefallene Mädels (viele davon), "Bloodwalks", "Helltowns" und "Dead Rivers" auch bitter Not tut - als Gegengewicht quasi. Das Ergebnis ist, dass Helldorado Spaß machen, ohne an musikalischem Ernst einzubüßen, dass sie unterhalten ohne Platt zu werden und dass sie vor allen Dingen herumrocken ohne zu langweilen. Und das - gerade auf der neuen Scheibe - ein paar erstklassige Songs zu finden sind, macht natürlich auch nix. Zu Ende ging die Show mit der mittlerweile zum Trademark-Song gewordenen Townes Cover-Version "Waiting Around To Die".
Mit dem Herumrocken hat es David Eugene Edwards ja noch nie wirklich gehabt - auch nicht zu 16 Horsepower-Zeiten. Schon damals hatte man den Eindruck - auch wenn es gut losging -, dass Edwards den Zuhörer lieber überzeugen als überfahren wolle. Was natürlich an seiner Art liegt, feurige Predigten von der Kanzel abzufeuern, die er auch bei Woven Hand munter weiter pflegt. Nun ja: Woven Hand sind ja auch keine Band wie jede andere. Edwards sitzt auf seinem Stühlchen, spielt Gitarre und Mandolinenbanjo (oder was immer das ist) und steuert seine Höllenmaschinen (s.u.). Dazu gibt's noch einen Drummer, der sich eher als musikalischer Innenarchitekt versteht und keinen Bassisten, der stattdessen seine Gitarre aber zuweilen als Bass missbraucht. So weit, so gut. Was dann aber ein wenig befremdlich beim Auftritt in der Harmonie erschien, war der Umstand, dass Edwards mit den o.a. Höllenmaschinen dräuend geloopten Feedbacks, unheilvollen Soundwände und rückwärts laufenden Vocals erzeugte und damit eine Stimmung wie bei einer schwarzen Messe verbreitete. Befremdlich deshalb, weil sich Edwards ja bekennend mit weißer - und nicht schwarzer - Magie beschäftigt. (Jedenfalls erzählte das Jean Yves Tola einmal.) Das Soundmäßige stand also heuer den üblichen "The Lord Giveth And The Lord Taketh Away"-Botschaften ein wenig entgegen. Ansonsten offenbarten sich Woven Hand - trotz gelegentlicher Gewaltausbrüche - eher folky als rockig. Ältere Großtaten wie "Cottonmouth" passten sich da nahtlos ein. Allerdings wirkte dieses Rezept auf Dauer doch ein wenig überschaubar. Da sich Edwards wohl weniger als Songwriter denn als Wettergott (im Sinne der Erzeugung düsterer, atmosphärischer Gewitterfronten) versteht, wirkten einige der Elaborate so, als begännen sie etwa lediglich 7-10 Minuten lang, bevor sie dann abrupt zum Ende geführt werden. Allerdings muss eingeräumt werden, dass man so etwas wahrlich nicht jeden Tag zu hören bekommt. Und in Anbetracht dessen, dass der Gedanke zum Woven Hand-Projekt ja aus der Konzeptkunst für Theater und Ballett entsprang, macht es unter dem Strich auch alles Sinn. Alles in allem war das ein äußerst spannungsgeladener, atmosphärisch dichter, energischer Konzertabend mit einer erstaunlichen stilistischen und gefühlsmäßigen Spannbreite. Und da das alles so gar nicht in Schubladen passen wollte, sogar ein besonderes Highlight.

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Surfempfehlung:
www.wovenhand.net
www.16horsepower.com/wovenhand.html
www.helldorado.no
Text: -Ullrich Maurer-
Foto: -Ullrich Maurer-

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Mehr über Woven Hand:
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