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01.06.2005
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Keine Experimente

Go-Betweens
Paul Armfield

Köln, Gloria
01.06.2005

Go-Betweens
Also die Sache ist ganz schön kompliziert: Eigentlich ist Paul Armfield, der für die Go-Betweens den Support machte, nämlich im Grunde genommen ein im Körper eines Folkies gefangener Blueser. Jedenfalls erweckte der Mann mit der Statur eines ausgewachsenen Baumfällers durchaus den Eindruck, zu wissen, was der Blues ist. Auch wenn er musikalisch lieber eine filigrane, akustische Jazz-Gitarre dazu spielt - inklusive kleiner, schräger Schlussakkorde. Irgendwie erinnert Armfield dazu obendrein noch an seinen Kollegen Jackie Leven. Obwohl - und nun ist es fast schon wieder zu spät, das noch zu sagen - er durchaus seinen eigenen Stil hat. Er selbst fasste sich auch wesentlich griffiger zusammen: "Zwei Dinge", sagte er z.B. zu Beginn der Show, "erstens, mein Name ist Paul Armfield, und zweitens: Ich habe Dostojewski gelesen!" Das meint, dass Armfield keineswegs den intelligenten Wortwitz scheut, wenn er da seine - für gewöhnlich sehr leisen und traurigen, aber inhaltlich haarsträubend komischen - Songs über das Älterwerden oder die Frage, wie es wäre, eine Frau zu sein, vorträgt. Und dann ist da noch der Blues, der sich in Form gelegentlicher, höchst intensiver Ausbrüche Bahn bricht und für Gänsehaut-Feeling sorgt. Terminlich war die Sache für Paul nicht so glücklich gewählt, da seine ausgezeichnete neue CD, "Evermine" (die übrigens zum Teil sogar noch leiser und noch jazziger ist, als sein akustischer Solo-Vortrag und auf die an dieser Stelle schon mal ausdrücklich hingewiesen wird), erst Ende Juni erscheint. Aber immerhin hatte er so die Gelegenheit, sein neues Material schon mal einem größeren Publikum vorzustellen.

Die Go-Betweens brauchten dann natürlich keinerlei Vorstellung mehr. In der mittlerweile bewährten Form - also mit Adele Pickvance am Bass und Glenn Thompson hinter dem Drumkit - stiegen Robert und Grant mit "Magic In Here" gleich zünftig ein. Im Vorfeld der Tour erklärte uns Robert noch, dass es mittlerweile ja ganz schön schwierig sei, eine runde Setlist zusammenzustellen. Immerhin verfügt die in (s.u.) stillen Momenten beste Band der Welt ja durchaus über einen erstaunlich umfangreichen Fundus von ausgezeichneten Songs, wie auch Kollege Wohlfeld schon mal anmerkte. Und von diesen wurden die allerbesten gleich mal zum Schluss aufgespart. Beispielweise kam nach Roberts Ansage: "Würzburg, Regensburg, Frankfurt, Frankfurt-Flughafen" ausgerechnet "Here Comes The City" als letztes Stück des offiziellen Sets. Ansonsten wunderte es dann nicht wirklich, dass die Jungs dieses Mal auf Nummer sicher gingen. Die Setlist stand im Vorfeld bereits fest und wurde auch nicht variiert. Dafür gab es andere Überraschungen. Natürlich wurden wichtige Songs des neuen Albums "Oceans Apart" gespielt - gar keine Frage. Das eigentlich Spannende waren dann aber zugegebenermaßen doch die Tracks, die die Go-Betweens aus der Mottenkiste zerrten. So gab es vergleichsweise viele Stücke von "Rachel Worth" und von "16 Lovers Lane". Das machte aber durchaus Sinn, denn das ganze Set und die Stücke untereinander waren so angeordnet und aufbereitet, dass alles wunderbar zueinander passte und ineinander überging. So spielten die Herren dann gerade NICHT die Stücke, die auf der letzten CD aus dem üblichen Schema ausbrachen. Also weder Reggae-Rhythmen noch etwa "Lavender", das Robert ja gerade aufgrund der Andersartigkeit im Interview noch gelobt hatte. Ganz im Gegenteil: Selbst Tracks wie das auf Scheibe eher urbane "Darlinghurst Nights" wurden dem allgemeinen Umfeld angepasst und folky dargeboten. (Was übrigens bei ausgerechnet diesem Song nicht so gut funktionierte - was aber einer der wenigen Kritikpunkte sein soll.) Robert hatte sich im Vorfeld ja zudem überlegt, dass es Spaß machen könne, ältere Stücke in anderen Arrangements vorzutragen. Nun sind die Go-Betweens nach wie vor eher eine Vereinigung von Minimalisten. Mal ehrlich: Mit dermaßen rudimentären Songmaterial wie z.B. "Make Her Day", das die Go-Betweens auf ihre ureigene Weise durchaus zu einem magischen Moment zu formen in der Lage sind, würden sich Geringere nicht mal auf die Bühne trauen. Das heißt: Großartig variieren können die Herren mit ihren Zwei-Ton Soli und ständig hängen bleibenden Rhythmusgitarren eigentlich gar nicht. Ergo wurden die Songs stattdessen behutsam in der Struktur aufgebohrt. So gab es z.B. beim Klassiker "Draining The Pool" mittendrin eine unerklärliche Passage, in der sich Foster als Van Morrison-Impersonator versuchte, "Surfing Magazines" geriet dank der aufopferungsvollen Mitarbeit des Publikums zu einem Triumph und wenn - wie im Falle des mit Grant-Soli durchsetzten Instrumental-Passagen gedehnten "The Clock" sogar die eigenen Roadies begeistert klatschen, dann hat man ja wohl davon ausgehen, etwas richtig gemacht zu haben.

Das waren nun alles keine radikalen Geschichten, aber man konnte die Stücke zum Teil durchaus mit ganz neuen Augen sehen. Zuweilen waren das auch nur Kleinigkeiten - etwa indem Grant bei "Too Much Of One Thing" (immer noch einer der besten Go-Betweens-Songs überhaupt) anders als bislang nur eine einzige Strophe sang und dafür mehrere Instrumental-Passagen besonders betont wurden. Jedenfalls zeigte das eines: Die Musik der Go-Betweens lebt. Und zwar im Hier und Jetzt. Alles andere war da nebensächlich: Dass zwar ein Keyboard auf der Bühne stand, damit aber keineswegs - wie angekündigt - die komplexen Arrangements des neuen Albums, sondern bloß "People Say" verziert wurde, dass Robert, der sich ja auch als Gitarrist nach eigener Aussage heutzutage wohl fühlt, mittlerweile fast flüssiger spielt als Grant McLennan oder dass das eine oder andere Stück dann doch ein wenig verstolpert wurde bzw. tonal nicht ganz sauber angesetzt wurde. Wie gesagt: Alles Pipikram, denn die Go-Betweens kommen als menschelnde, relaxte Band daher, bei denen es auf das Herz und den Bauch und nicht die flinke Hand oder den HiFi-Sound ankommt. An guten Abenden - wie diesen - kann sich also Robert Foster ruhigen Gewissens auf sein Hotelzimmer zurückziehen und den Gedanken hegen, dass die Go-Betweens tatsächlich die beste Band der Welt sein könnten. Ach ja: "This Nights For You" vom letzten Album ist ein Liebeslied für die Stadt Köln, wie Grant erklärte...

Surfempfehlung:
www.go-betweens.net
www.nstop.com/gbs/
www.paularmfield.com

Text: -Ullrich Maurer-
Foto: -Ullrich Maurer-
 

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