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21.04.2005
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Stairway To Heaven

Alex Carrington

Köln, Bruegel
21.04.2005

Alex Carrington
Showcase-Situationen laufen ja oft unter ganz speziellen Bedingungen ab. So auch hier: Das Solo-Live-Debüt der in Köln ansässigen englischen Songwriterin Alex Carrington fand in der Brasserie Bruegel direkt am Kölner Ring statt. Der Vorteil einer solchen Location ist natürlich, dass es keine Not an Speis' und Trank gibt, der Nachteil dann der, dass es eben gar keine Location ist. Um es kurz zu machen: Die Dame mit der Gitarre in der Hand vorne im Bild ist NICHT Alex Carrington. Diese fand nämlich - anders als die Band aus betont routinierten Profi-Musikanten - keinen Platz mehr auf der bierdeckelgroßen Spielfläche (von Bühne möchten wir in diesem Zusammenhang gar nicht erst reden) - sondern agierte von der Wendeltreppe des Bruegel aus. Auf dem Stairway to heaven, sozusagen.

Was sich aber nicht mal unbedingt als Nachteil herausstellte: Wie bereits in der Rezension erwähnt, entstammt Alex ja ursprünglich der Gala-Szene. Obwohl das von Ken Rose produzierte Solo-Debüt nun musikalisch mit dem Easy-Listening Repertoire nicht mehr viel gemein hat, hat die gute Alex aber wohl einige große Gesten und die Art, dem Publikum zu erklären, was sie da gerade tut, dem Umfeld der Tanzkapellen-Kultur entnommen. Auch wenn besagte Gesten nun in einem so intimen Rahmen ein wenig zu groß wirkten: Professionell wirkte das dann schon. Vielleicht ein wenig zu sehr sogar, denn obwohl solcherlei Getue im heutzutage üblichen Produktions-Pop ja geradezu erwünscht wird, befremdet es den Musikfreund dann doch ein wenig. Das galt übrigens auch für die perfekt und stromlinienförmig, agierende Band, die ebenfalls dem inszenierten Posing (also bis hin zum Wirbeln der Drumsticks) nicht abgeneigt erschien. Das alles lenkte dann doch ein wenig vom Songmaterial ab. Dieses war - wie ja bereits auf der CD zu beobachten - unter dem Strich ganz okay, aber stilistisch ein wenig desorientiert. Das Problem lag aber dennoch ganz wo anders: Der auf CD wie live als erstes (und dort natürlich ein wenig knackiger) gegebene Titel "Going Blond" ist einfach um ein Vielfaches besser, als der gesamte Rest des Programms. Dieses Stück hat alles, was ein guter Pop-Rock-Song braucht: Ein cooles Riff, eine gelungene Hookline, einen eingängigen Refrain und die Möglichkeit, das ganze auch noch auszubauen. Da stimmt einfach alles und da Alex als Sängerin sowieso eine gute Figur macht, ist "Going Blond" - nicht nur des Namens wegen - auch die perfekte musikalische Visitenkarte schlechthin. Der Rest kann dagegen dann nicht so recht anstinken und fällt ergo ab.

Auch deswegen übrigens, weil dann doch zu sehr zur kompromissbehafteten Mitte geschielt wird, was sich in einer gewissen stilistischen Unentschlossenheit zwischen Rock und Pop auszeichnet. Irgendwie erklärlich wurde das dann, als Alex zwischendurch erläuterte, daß sie sich von Police und Alanis Morissette (Kenny Aronoff, zeitweise Drummer bei Morissette spielte auf Alex' CD mit) beeinflusst fühle - auch zwei Acts zwischen den Stühlen; allerdings mit jeweils einer persönlichen Note, die Alex Carrington bislang noch abgeht. Immerhin: Die diesbezüglich einhergehende Coverversion von "King Of Pain" - das beide o.a. Acts auch schon einmal einspielten - gehörte zu den spannendsten Momenten des Abends. Ansonsten gab noch eine akustische Einlage, bei der der Drummer auf einer Beatbox Platz nahm, die Single "Vegas Can Wait" und des weiteren Liebeslieder wie aus Hollywood Movies. (Und das sagte Alex selber: "Meg Ryan und George Clooney und so ein Zeug..." müsse man sich vorstellen) - mit Texten, bei denen sich "Happy Hour" auf "Whiskey Sour" reimt. Also alles was recht ist: Nur weil das Material grundsätzlich auch radiokompatibel sein soll, hätte es dergestalter kleinster gemeinsamer Nenner ja nun auch nicht bedurft. (Ganz im Gegenteil: Da hierzulande gerade auch oft die Radioverantwortlichen nur des Bohlen-Englisch mächtig sind, rutschen mitunter ja sogar unzensierte "Fuck-Hymnen" in den Hausfrauenfunk.) Nun ja: Vielleicht ist das ja auch der typisch englische Humor?!?

In der Summe ergab sich jedenfalls ungefähr folgendes Bild: Da Alex selber kein Instrument spielt, das Material bewusst ambivalent ausgelegt ist und die Band zwar fehlerlos aber auch ohne eigene Akzente agierte (das hätte jede andere Studiomusikanten-Band genauso spielen können) fehlte der ganzen Aktion irgendwo die eigene Seele - einmal abgesehen von Alex' zweifelsohne vorhandener Bühnenpräsenz. Und das obwohl es (den Umständen entsprechend) eigentlich alles ganz gefällig und in Maßen druckvoll daherkam. Die Zukunft wird also zeigen müssen, wie sich die Alex Carrington Band im Live-Zirkus entwickeln wird. Die Möglichkeiten, die Songs etwas charakterstärker vorzutragen, bieten diese jedenfalls durchaus. Hinzu kam - was jeder nachvollziehen kann -, dass Alex ganz schön nervös erschien. Davon aber mal abgesehen ist und bleibt Alex Carrington auch nach dieser Show ein vielversprechender Act zwischen Rock und Pop.

Surfempfehlung:
www.alex-carrington.com

Text: -Ullrich Maurer-
Foto: -Ullrich Maurer-
 

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